13,4 Milliarden Euro – diese Summe boten die siegreichen Bieter im vergangenen Jahr, um vor deutschen Küsten Offshore-Windparks zu errichten. Zwei im deutschen Markt neuen Akteuren war der Zuschlag für die nicht voruntersuchte Flächen einiges wert: Total Energies und BP boten insgesamt 12,86 Milliarden Euro für vier Flächen mit möglichen sieben Gigawatt Offshore-Leistung.
Viel Geld, von dem auch die nachhaltige Fischerei und der Küstenschutz profitieren sollen. Zehn Prozent müssen die siegreichen Bieter innerhalb eines Jahres nach Zuschlagserteilung zahlen, sie sind für diese Zwecke bestimmt. Die restlichen 90 Prozent fließen über die 20 Jahre Lebensdauer der Parks und sollen die Netzausbaukosten senken.
Hohe Zuschlagskosten müssen wieder eingespielt werden
Alles gut also? Nein, meinen Branchenverbände der Offshore-Windenergie und haben nicht nur eine ganze Reihe von Kritikpunkten veröffentlicht, sondern auch konkrete Vorschläge gemacht, wie ein neues Auktionsdesign aussehen kann. Im Kern fordern die Stiftung Offshore Windenergie, die WAB, das Erneuerbaren Energien Cluster Hamburg (EEHH) und das Wind Energy Network (WEN) nicht zum ersten Mal, dass nicht allein die höchste Summe allein über den Zuschlage entscheiden sollte. Schon in diesem Jahr sollten neue Regeln zur Anwendung kommen und nicht wie geplant, neun Gigawatt wieder nach dem Prinzip des maximalen Einsatzes vergeben werden.
Denn, so argumentieren die Verbände: Wer viel Geld zahlt für das Recht, einen Windpark zu bauen, muss dieses Geld auch wieder einspielen. Entweder über hohe Preise in der Stromvermarktung per PPA oder den Versuch, die Zulieferpreise zu drücken oder gleich den billigsten (chinesischen) Lieferanten zu wählen. Beides, so heißt es weiter, sei für die europäische Industrie nachteilig. Im schlimmsten Fall sei zu befürchten, dass die Bieter die Zuschläge zurückgeben und gar nicht gebaut wird, weil es sich schlicht nicht rechnet.
Die Verbände warnen davor, Deutschland drohe die Fehler der UMTS-Lizenzvergaben im Jahr 2000 zu wiederholen. Fast 100 Milliarden Mark wurden seinerzeit erzielt. Doch die Unternehmen hatten sich verkalkuliert. Viele der erfolgreichen Bieter waren anschließend nicht in der Lage, die hohen gezahlten Summen in ein rentables Geschäftsmodell zu übersetzen. Lizenzen wurden wieder zurückgegeben oder an Qualität und Ausbau gespart.
Aufteilung der Flächen und Deckel gefordert
„Das Ziel des Ausschreibungsdesigns sollte nicht auf eine wenig nachhaltige Abschöpfungsstrategie gerichtet sein, sondern darin bestehen, die Akteursvielfalt zu stärken und einen gesunden Wettbewerb zu erhalten“, sagt Andree Iffländer, Vorstandsvorsitzender des WindEnergy Networks. Stattdessen nehme Deutschland derzeit nicht nur die damit einhergehenden industriepolitischen Nachteile und eine Schwächung der industriellen Basis in Kauf, sondern auch, dass sich in den kommenden Jahren ein Oligopol weniger eigenkapitalstarker Akteure bilden wird.
Die Verbände fordern daher kurzfristige Maßnahmen,um den unmittelbaren negativen Auswirkungen des aktuellen Ausschreibungssystems entgegenzuwirken:
• Aufteilung der 2-GW-Flächen auf kleinere Losgrößen, z. B. 1 GW,
• ein Deckel pro Teilnehmer nach dem Vorbild der New-York-Bight-Auktionen,
• Ausschreibungen nacheinander und nicht zeitgleich,
• 5 bis 10 Prozent der Erlöse aus den Offshore-Wind-Auktionen (zumindest temporär) an das Bundesverkehrsministerium für den erforderlichen Auf- und Ausbau der Hafeninfrastruktur und
• ein Mandat für die KfW für das Aufsetzen eines flankierenden Finanzierungsprogramms für eine resiliente Lieferkette der Energiewende.
Mittelfristig plädieren die Akteure für die Einführung von qualitativen Kriterien auch im Bereich der Ausschreibung von nicht voruntersuchten Flächen oder ein neues Förderregime über so genannte Differenzverträge (Contracts for Differences, CfDs). (kw)
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