Die REWE Gruppe, einer der führenden deutschen Lebensmitteleinzelhändler, hat mit Ørsted gerade einen 10-Jahres-Strombezugsvertrag über 100 MW Ökostrom aus Ørsteds Offshore-Windpark Borkum Riffgrund 3 unterzeichnet, der 2025 in Betrieb gehen soll. Es läuft gut für den dänische Offshore-Riesen. Ganz nebenbei baut das Unternehmen auch ein Standbein beim Thema Wasserstoff auf. Deutschland-Geschäftsführer Kubitza im Gespräch.
Stichwort Wasserstoff…
Jörg Kubitza: Unsere Idee ist es, mit unseren Elektrolyseuren große Industriecluster zu dekarbonisieren. An den Stellen, an denen man Wasserstoff schon verwendet, kann grüner Wasserstoff eingesetzt werden, zum Beispiel in der Stahlindustrie oder bei der Zementproduktion. Aber auf der anderen Seite kann ein Wasserstoff-Elektrolyseur auch als Speicher genutzt werden, um die Netze zu stabilisieren. Teil unseres Westküste100-Projekts ist beispielsweise eine Salzkaverne, die wir als möglichen Speicherort prüfen. Ørsted selbst besitzt auch Salzkavernen Deutschland.
Wie ist Ihre Einschätzung zur Wasserstoff-Produktion direkt an den Offshore-Anlagen?
In diesem Bereich sammeln wir auch Erfahrungen mit einem Projekt in Großbritannien und in der Aquaventus-Initiative. Wasserstoffproduktion auf dem Meer muss man durchaus betrachten, aber es wird nicht ohne Weiteres und nicht in absehbarer Zeit umsetzbar sein. Das ist keine Trivialität, allein wenn man sich die Offshore-Bedingungen ansieht wie das Korrosionsrisiko oder ähnliches. Diese anspruchsvolle Technik des Elektrolyseurs müsste außerhalb einer Turbine in einem Container platziert werden. Zusätzlich zum Strom brauchen Sie dort Süßwasser. Und Sie brauchen eine Pipeline an die Küste, die den Wasserstoff transportiert.
Was erwarten Sie von der Wahl?
Wir erwarten von der Wahl, dass die Offshore-Windkraftausbauziele mit den Klimaschutzzielen synchronisiert werden. Der Ausbau krankt allerdings auch aus anderen Gründen: es sind nicht genug Flächen ausgewiesen, wir haben mehrfach das Ausschreibungssystem umgestellt. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie – kurz BSH – scheint darüber hinaus nicht mit genügend Personal ausgestattet.
Wird man da gehört von der Politik?
Jörg Kubitza: Ja, denn wir machen das Angebot Offshore-Windparks zu bauen und sie ans Netz oder an einen Elektrolyseur anzuschließen, ohne dass dies die Gesellschaft finanziell belastet. Wir brauchen kein Auktionssregime. Gebt uns die Ausbauflächen auf dem Wasser und wir investieren und bauen. Wir haben bereits 5,5 bis 6 Milliarden Euro in Deutschland investiert. In den Gesprächen mit politischen Vertretern geht es meist nicht um die Frage, ob mehr Offshore-Windkraft ausgebaut werden muss. Es geht immer um die Umsetzung, also wie es gemacht werden soll.
Steht Deutschland sich selbst im Weg?
Jörg Kubitza: Lassen Sie mich ein Beispiel nehmen, um etwas zu verdeutlichen: In Schleswig-Holstein, haben wir bei unserem Wasserstoffprojekt Westküste 100 die nächste Ausbaustufe in der Planung. Dieses zusätzliche Projekt hat den Namen Hyscale. Das wird das weltweit größte Projekt auf diesem Gebiet. Wir werden einen Elektrolyseur stehen haben mit mehr als einem Gigawatt. Der braucht grünen Strom. Das kriegen Sie nicht aus Bestandsanlagen, die aus der EEG-Förderung laufen und auch nicht durch Solaranlagen. Da brauchen Sie Offshore-Windparks, der leistungsstärksten erneuerbaren Energiequelle. Solch eine Planung – also die der Wasserstoffproduktion inklusive einer großen Stromquelle – ist in der deutschen Wasserstoffstrategie nicht vorgesehen. Somit auch nicht im Genehmigungsprozess. Das Innenministerium von Schleswig-Holstein sorgt zwar für die Genehmigung des Projekts, aber wenn ich sage: Wir brauchen dafür Offshore-Strom, dann heißt es: Dafür sind wir nicht zuständig. An dieser Stelle brauchen wir dringend eine bessere Bund-Länder-Koordination.
Aber die soll ja kommen.
Jörg Kubitza: Das hoffen wir. Noch besser als eine reine Koordination wäre ein Energiewendeministerium auf Bundesebene. Aber es gibt noch andere Herausforderungen: die langen Planungszeiträume. Gerade im Netzausbau.
Aber die Erfahrung beim Netzausbau deutet längst darauf hin, dass Leitungen viel Zeit brauchen.
Jörg Kubitza: Die Netzinfrastruktur ist sowieso das Thema, denn der Netzausbau bestimmt weiterhin die Geschwindigkeit der Energiewende. Wir könnten überall Offshore-Windparks bauen, aber nicht ans Netz anschließen. Der Netzausbau und der Bau von Offshore-Windparks sollten deshalb in gleicher Geschwindigkeit erfolgen. Den Takt vorgeben sollte aber der Bau der Anlage und der Netzausbau muss sich dem anpassen.
Läuft das in anderen Ländern besser?
Jörg Kubitza: In UK machen wir alles selbst, den Offshore-Windpark, die Kabel im Meer, an Land und bis zur Anschlussstelle des öffentlichen Netzes.
Das ist ein Vorteil des britischen Systems. Dort haben Sie alles selbst in der Hand. Der Nachteil ist aber, dass die Infrastruktur nicht vorausschauend gebündelt gebaut wird, sondern jeder nur für sich die Netzanschlüsse baut.
Jörg Kubitza: Aber Sie müssen irgendwann mal mit der Energiewende anfangen – auch wenn das Ergebnis nicht 100 Prozent optimal ist. Der Netzanschluss war in Deutschland immer die Schwachstelle. So wie es jetzt läuft, ist es suboptimal. Wenn Deutschland unser einziger Markt wäre, hätten wir ein Problem.
Es gibt zu wenig Platz für Offshore-Windparks. Kann man Flächen sinnvoller aufteilen?
Jörg Kubitza: Co-Nutzung ist das Stichwort. Flächen sollten zur gemeinsamen Nutzung vorgesehen werden, um die zu Verfügung stehenden Flächen besser nutzen zu können. Allerdings sollte der Klima- und Naturschutz bei der Flächenzuweisung priorisiert werden.
Offshore-Windparks sind oftmals Kinderstube für Meeresfauna.
Jörg Kubitza: Ja und wir glauben, dass eine verträgliche Nutzung möglich ist.
Ohne Rammen?
Jörg Kubitza: Wir beschäftigen uns konstant und über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg mit der Reduzierung von Umwelteinflüssen beim Bau von Offshore-Windparks und der Entwicklung von Innovationen. Und das tun wir derzeit auch bei unseren geplanten deutschen Projekten.
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