Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilt, hat die Europäische Kommission grünes Licht für die Bundesförderung effiziente Wärmenetze gegeben. Sie ist beihilferechtlich genehmigt. Damit kann die Unterstützung der Kommunen, Stadtwerke und anderer Versorger bei der Dekarbonisierung der Nah- und Fernwärmenetze Mitte September 2022 starten. „Das ist eine sehr gute Nachricht. Denn grüne Fernwärmenetze sind ein Schlüssel für eine klimaneutrale Wärmeversorgung und entscheidend, um unsere Abhängigkeit von fossilen Energieimporten zu reduzieren“, betont Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Gute Lösung für Städte und dicht besiedelte Regionen
Denn damit sei der Weg frei, um Haushalte und Gewerbebetriebe effizient mit nachhaltiger produzierter Wärme zu versorgen – gespeist aus erneuerbaren Energien oder Abwärme aus industriellen Prozessen. „Vor allem in Städten und dicht besiedelten Gegenden ist der Anschluss an die zunehmend klimaneutrale Fernwärme die beste Lösung, um von Öl- und Gasheizungen wegzukommen. Viele Kommunen stehen in den Startlöchern, um die Wärmeversorgung umzustellen. Mit dem Go aus Brüssel für das Förderprogramm können sie jetzt loslegen“, erklärt Habeck.
Fossile durch regenerative Wärme ersetzen
Mit der Bundesförderung effizienter Wärmenetze setze die Bundesregierung Anreize und stelle planbare finanzielle Unterstützung für den langfristigen Umstieg bereit, sagt Habeck. Die Förderung richtet sich unter anderem an Energieversorgungsunternehmen, Kommunen, Stadtwerke und eingetragene Vereine oder Genossenschaften, die über die neue Förderung Zuschüsse für Investitionen in Wärmenetze erhalten können. So kann künftig beispielsweise eine Kommune oder eine Genossenschaft Zuschüsse erhalten, wenn diese ein Nahwärmenetz im Neubaugebiet errichtet oder ein Stadtwerk das bisher über Kohle-KWK betriebene Fernwärmenetz auf erneuerbare Energien und Abwärme umstellt. Der Umbau der Wärmeversorgung werde neben dem Förderprogramm flankiert von einer flächendeckenden kommunalen Wärmeplanung als zentrales Koordinierungsinstrument für lokale, effiziente Wärmenutzung, heißt es aus dem Ministerium.
Voraussetzung: 75 Erneuerbare oder Abwärme
Konkret gibt es eine Unterstützung beim Neubau von Wärmenetzen, wenn mindestens 75 Prozent der dort eingespeisten Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Alternativ wird hier auch Abwärme aus Industrieprozessen eingerechnet, wenn diese ebenfalls ins Wärmenetz fließt. Außerdem wird auch die Erweiterung und die Verdichtung von bestehenden Wärmenetzen gefördert, wenn diese den geforderten Anteil an Erneuerbaren oder Abwärme erreichen.
40 Prozent der Investitionskosten werden gefördert
Geld gibt es zunächst in der Projektphase für Machbarkeitsstudien für neue Wärmenetze und Pläne zur Umstellung von bestehenden Netzen auf erneuerbare Energien und Abwärme. Danach werden auch die Investition in den Auf- oder Umbau sowie teilweise sogar die Betriebskosten gefördert, wenn die in den Machbarkeitsstudien und Transformationsplänen beschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden. Dabei liegt der Deckel bei maximal 40 Prozent der Investitionskosten für Erzeugungsanlagen wie Solarthermie, Großwärmepumpen, Tiefengeothermie und Biomasse sowie für die Infrastruktur. In die Förderung einbezogen werden auch Investitionen in die Einbindung von unvermeidbarer Abwärme, sowie Infrastrukturmaßnahmen zur Wärmeverteilung und Optimierung des Netzbetriebs. Die Betriebskostenförderung über zehn Jahre gilt nur für strombasierte Wärmeerzeuger sowie für Solarthermieanlagen.
Drei Milliarden Euro liegen im Fördertopf
Für schnell realisierbare Einzelmaßnahmen, also Solarthermieanlagen, Wärmepumpen, Biomassekessel, Wärmespeicher, Rohrleitungen und Wärmeübergabestationen kann zudem eine Investitionskostenförderung nach vereinfachten Anforderungen beantragt werden. Dafür ist keine vorherige Machbarkeitsstudie und auch kein Transformationsplan erforderlich.
Für die Förderung stehen nach dem Start im September etwa drei Milliarden Euro bis 2026 zur Verfügung. Sie wird über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt.
Energiewirtschaft steht in den Startlöchern
Auch die Energiewirtschaft sieht in der Bundesförderung effizienter Wärmenetze ein wichtiges Instrument, um die Wärmewende – insbesondere in den Städten – voranzutreiben. „Die Unternehmen der Energiewirtschaft stehen in den Startlöchern, um verstärkt in die Umstellung der Nah- und Fernwärmeerzeugung auf erneuerbare Wärme und Abwärme sowie in den Umbau der Wärmenetze und Hausübergabestationen zu investieren. Viele Unternehmen sind hier bereits kräftig in Vorleistung gegangen“, erklärt Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), mit Blick auf die beihilferechtliche Genehmigung der Förderung.
Förderzeitraum zu kurz und zu wenig Geld
Aus Sicht des BDEW sei es allerdings noch besser gewesen, die Förderung von vorneherein bis Ende 2030 anzulegen und beihilferechtlich genehmigen zu lassen, um den Unternehmen die nötige Investitionssicherheit zu geben, benennt Andreae einen Kritikpunkt. „Zudem ist abzusehen, dass die geplante Fördersumme von bislang durchschnittlich 500 Millionen Euro pro Jahr über rund sechs Jahre nicht ausreichen werden, um den Bedarf zu decken“, warnt sie. „Wenn das Instrument erfolgreich angelaufen ist, sollte über den Bundeshaushalt mindestens eine Milliarde Euro jährlich bereitgestellt werden“, fordert Andreae.
Kommunen und Versorger müssen jetzt Pläne aufstellen
Wichtig sei nun, dass die Transformationspläne, die die Nah- und Fernwärmeversorger erstellen müssen, um die Förderung zu bekommen, auch im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung anerkannt werde. „Denn sie werden die Roadmaps zu einer vollständig klimaneutralen Nah- und Fernwärmeversorgung über Wärmenetze bis 2045 bilden“, betont die BDEW-Chefin. Sie geht davon aus, dass viele Unternehme jetzt zeitnah die grüne Nah- und Fernwärme auf Basis der Bundesförderung effizienter Wärmenetze beschleunigen werden. Das helfe dann auch für die kommunale Wärmeplanung. So werden die Nah- und Fernwärmeversorger in den kommenden Jahren hohe Summen in die Erhöhung des Anteils von Wärme aus erneuerbaren Energien, von Wärme aus Power-to-Heat und aus der Umwelt über Großwärmepumpen sowie des Abwärmeanteils investieren, ist sich Andreae sicher. (su)
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