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Hauptversammlung von Solar World

Aktionäre segnen bilanzielle Sanierung ab

Die Aktionäre des Bonner Zell- und Modulherstellers Solar World haben dem vom Vorstand zur Restrukturierung des Unternehmens vorgesehenen Schuldenschnitt zugestimmt. Zäh zog sich die Hauptversammlung hin. Nach einem zwölfstündigen Verhandlungsmarathon waren es dann so weit: 99,1 Prozent der anwesenden Aktionäre segneten den Plan des Konzerns ab. Damit geben sie insgesamt 95 Prozent ihrer Einlagen verloren. Denn der vom Unternehmen angedachte Dept-to-Equity Swap sieht die Abwertung der Aktien vor. In Zukunft haben die Aktionäre für 150 nur eine Aktie im Depot.

Aktionäre hatten kaum eine Wahl

Letztlich hatten die Aktionäre kaum eine andere Wahl, nachdem die Gläubiger an den vorangegangenen beiden Tagen einem Schuldenschnitt zugestimmt und damit dem Unternehmen noch eine Chance gegeben haben. Für die Aktionäre bedeutete das, entweder ebenfalls dem Rettungsplan zuzustimmen oder alle ihre Einlagen abschreiben zu müssen. Dieser Rettungsplan sieht vor, dass zunächst das Grundkapital von Solar World von derzeit 111,72 Millionen Euro auf 744.800 Euro herabgesetzt wird. Schon an dieser Stelle sind die Aktionäre die Verlierer. Denn deren Einlagen werden im Verhältnis 150 zu eins umgetauscht. Diese vereinfachte Kapitalherabsetzung ist laut Aktiengesetz zulässig. Im zweiten Schritt setzt Solar World das Grundkapital wieder auf fast 15 Millionen Euro herauf. Das geschieht, indem die bisherigen Gläubiger der Schuldverschreibungen von Solar World in Höhe von insgesamt 555 Millionen Euro ihre Schuldtitel gegen die 14 Millionen neu auszugebenden Anteile am Unternehmen tauschen. Damit bekommen die neuen Aktionäre die Mehrheit von 95 Prozent der Anteile an Solar World. Der Zell- und Modulhersteller ist im Gegenzug immerhin 55 Prozent seiner langfristigen Verbindlichkeiten los. Damit muss Solar World in Zukunft nicht mehr so viele Zinsen zahlen, die der Modulbauer lieber in das operative Geschäft stecken will.

Einspruchsfrist vom einem Monat

Nachdem die Hauptgläubiger und die Aktionäre – letztere eher mit Zähneknirschen – diesem Plan zugestimmt haben, kann er vorbehaltlich bestimmter rechtlicher und wirtschaftlicher Bedingungen in Kraft treten. Es gilt eine einmonatige Einspruchsfrist. Sollte die verstreichen ohne dass jemand Einspruch eingelegt hat, wird der Tausch der Schuldscheine gegen Aktien des Unternehmens zwischen November dieses Jahres und Februar 2014 stattfinden.

Entwicklung auf dem europäischen Modulmarkt

Bis dahin wird auch klar sein, wie sich der Modulmarkt entwickeln wird. Denn immerhin ist Solar World eine der treibenden Kräfte der Antidumpingklage gegen die chinesische Konkurrenz. Die Einigung zwischen Europäischer Kommission und chinesischem Handelsministerium sieht zwar immer noch hohe Zölle vor, aber nur für Unternehmen, die sich nicht an die vorgegebenen Mindestpreise halten, für die sie ihre Module auf dem europäischen Markt verkaufen müssen. Ein Volumen von sieben Gigawatt pro Jahr an Modulleistung, die Hersteller aus dem Reich der Mitte nach Europa einführen dürfen, wird wegen der drastisch gesunkenen Nachfrage kaum zur Entspannung im europäischen Markt beitragen. Allerdings steht die endgültige Entscheidung über die Antidumpingzölle noch aus. Bis zum 6. Dezember dieses Jahres haben die Kläger noch Zeit, die Europäische Kommission und die Mitgliedsländer der EU davon zu überzeugen, dass die Konkurrenz aus China den europäischen Herstellern aufgrund gedumpter Preise Schaden zufügt und andere Branchen aufgrund von eventuellen Antidumpingzöllen keinen Schaden nehmen. Der Dachverband der klagenden europäischen Hersteller EU Pro Sun hat dazu die Europäische Kommission aufgefordert, die bisherigen Untersuchungsergebnisse zu veröffentlichen, um zu sehen, mit welchen Subventionsanteilen Brüssel rechnet. „Wir wissen aus eigenen Berechnungen, dass der Subventionsanteil an den chinesischen Preisen im deutlich zweistelligen Prozentbereich liegt“, erklärt Milan Nitzschke, Präsident von EU Pro Sun und Vorstandssprecher von Solar World.

Sanierungsprogramm bereits beschlossen

Dass sich der Bonner Konzern nicht allein auf die Entscheidung aus Brüssel verlässt, zeigt das Sanierungsprogramm, das die bilanzielle Restrukturierung begleiten soll. Um sich wieder besser im Markt aufstellen zu können und die Preise seiner Module weiter zu senken, will das Unternehmen neben der Optimierung des Einkaufs von Rohmaterial, der Produktion der Zellen und Module sowie der Logistik auch die Marketingaufwendungen senken. Die Verkleinerung des Mitarbeiterstamms in den Produktionsstätten im sächsischen Freiberg und im US-amerikanischen Tempere, Arizona, sowie in der Bonner Konzernzentrale soll inzwischen abgeschlossen sein. Immerhin hat sich das Unternehmen in den letzten Monaten von 435 der ehedem 2.700 Mitarbeiter getrennt. Außerdem will Solar World Vermögenswerte verkaufen, die nicht für den Betrieb des Unternehmens notwendig sind. (Sven Ullrich)