Der Veranstaltungsort war nicht schlecht gewählt: Rund um das Hotel Hohe Düne in Warnemünde gab es jede Menge Strand und entsprechend breitete sich schnell eine kleine Urlaubsstimmung aus. 2040 Teilnehmer kamen in den Genuss dieser angenehmen Verbindung aus Arbeit und Vergnügen. Zur Eröffnung der Windenergietage von Spreewind wurde es aber gleich ernst, als Klaus Övermöhle von Övermöhle Consult seinen schon traditionelle Vortrag zu den Marktaussichten in der Windbranche hielt. Zunächst berichtete Övermöhle über die aktuelle Situation: Onshore-Wind trage zu 10,65 Prozent zur Nettostromerzeugung bei, Offshore zu 3,55 Prozent. Die Branche zählt inzwischen 140.000 Beschäftigte. "Die installierte Leitung hat eine beeindruckende Entwicklung hinter sich und wird sich fortsetzen." Für das zweite Halbjahr 2017 prognostiziert er 3.000 MW Onshore und 300 MW Offshore. Dass es Onshore Ende des Jahres rund 5.280 MW sein werden, komme für ihn nicht überraschend, zumal sein Unternehmen für die Marktanalyse immer drei Jahre in die Zukunft prognostiziert. Befragt wurden dazu diesmal 170 Projektierer.
Für die Jahre bis 2020 sieht Övermöhle, dass ab 2019 der von der Regierung festgelegte Deckel auf 2.800 MW an Land greift. Zuvor liegen die Ausbauzahlen weiter hoch mit 4.000 2018 an Land. Die hohen Ausbauzahlen 2017 seien auch damit zu erklären, dass zum 1.1.2018 wiederum eine Vergütungsabsenkung stattfindet.
Aber diesmal hielt Övermöhle sich nicht lange mit Zahlen auf. Die vollständige Kurzanalyse des Marktes kann hier bestellt werden. Stattdessen blies er der Windbranche lieber den Marsch. Er verwies zunächst darauf, dass Klimaschutz bei den meisten Politikern in Europa keine Priorität mehr habe. "Die Energiewende ist kein Thema oder steht im Hintergrund." Das korreliere mit den Ergebnissen der Grünen auf Landesebene, wo die Grünen in NRW ein Minus von 43 Prozent erzielt hatten, in Niedersachsen minus 36 Prozent. Stattdessen stünden nun mit AfD und FDP 23 Prozent Windkraftgegner im Bundestag.
Laut Övermöhle hat die Windkraft einen Vertrauensverlust erlitten und trägt eine Mitschuld an der negativen Stimmung gegen Wind. Die hohen Gewinne und hohen Pachten von 10 bis 15 Prozent seien nicht tolerierbar. Nachdem die Offshore-Branche mit Null-Cent-Geboten kam, haben viele gedacht, die Windkraft sei mit 15 Cent in der Vergangenheit völlig überfördert gewesen. Dabei beziehen sich die Null Cent auf die Jahre 2024/25 und auf Technologien, die es noch nicht gibt. Gleichwohl sei das Vertrauen verloren. "Politiker fühlen sich richtiggehend verarscht", so Övermöhle.
Er räumte ein, dass die Zuschlagswerte mit 4,29 Cent pro Kilowattstunde auch für Onshore-Wind "äußerst sportlich" seien. "Das heißt Anlagenpreise von 700.000 bis 800.000 Euro pro Megawatt." Övermöhle erwartet, dass die großen Planungsunternehmen nun versuchen, ihre Anteile zu halten. Für die restlichen 150 Planer bleibe wenig. Er empfiehlt, kleiner Planer sollten ihre Geschäftsmodelle überdenken, Einkaufsgemeinschaften gründen und sich starke Partner suchen. Övermöhle berichtet, dass einige Branchenvertreter schon mit Null Cent für die nächsten Ausschreibungs-Runden rechnen. Dann sei das EEG ein Auslaufmodell.
(Nicole Weinhold)