Der Präsident der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien EUROSOLAR e.V. und Vorsitzende des World Council for Renewable Energy (WCRE) war Träger des Alternativen Nobelpreises (Right Livelihood Award) und noch immer für die SPD als Abgeordneter des Deutschen Bundestags aktiv. Der 66jährige ist am 14. Oktober 2010 in Berlin gestorben.
Der am 29. April 1944 im hessischen Wehrheim geborene und in Berlin aufgewachsene Scheer war seit 1965 während seiner Offiziersausbildung bei der Bundeswehr SPD-Mitglied. Er war auch in der Studentenbewegung aktiv und spielte danach bei den Jusos eine führende Rolle. Seit 1980 war der promovierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Mitglied im Deutschen Bundestag. Davor arbeitete er einige Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Kernforschungszentrum Jülich. 1988 gründete Wilhelm Scheer die gemeinnützige Vereinigung für Erneuerbare Energien Eurosolar und wurde deren ehrenamtlicher Präsident.
Neben dem BEE-Präsident Dietmar Schütz waren Hermann Scheer, Michaele Hustedt und Hans-Josef Fell (Grüne) damals als Umweltpolitiker im Bundestag maßgeblich an der Ausarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beteiligt, ebenso wie Axel Berg (SPD) und Josef Göppel (CSU). Aber nur Scheer gilt wegen seines frühen und konsequenten Eintretens für die Erneuerbaren Energien als Vater des EEG. Scheer trat immer für gleitende Anpassungen der Fördertarife ein und erkannte früh, dass die wahren Potenziale für die Windenergie auf dem Land und nicht im Offshore-Bereich liegen.
In den letzten Jahren war er einer breiten Öffentlichkeit durch seine Zusage zum hessischen Schattenkabinett von Ypsilanti bekannt geblieben - obwohl er oft im Gegensatz zu Sigmar Gabriels Ideen stand. Noch im Januar 2010 gründete Scheer zusammen mit anderen Mitstreitern aus SPD, Grünen und Linkspartei sowie Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen das Institut Solidarische Moderne, das als eine Art linker thinktank einen politischen "Gegenentwurf zur Ideologie des Neoliberalismus" entwickeln sollte und die Möglichkeiten und Bedingungen einer rot-rot-grünen Zusammenarbeit ebnen könnte. Die EE-Branche und ganz Europa haben einen streitbaren Vor- und Querdenker verloren.
Stimmen aus seinem Umkreis:
Jakob von Uexküll, der Gründer des World Future Council:
"Hermann Scheer war während der letzten 20 Jahre der weltweit einflussreichste Fürsprecher für erneuerbare Energien. Über den völlig unerwarteten Verlust unseres Gründungsratsmitglieds und Freundes sind wir geschockt und tief traurig. Hermann Scheer hat die Arbeit des World Future Council zur internationalen Verbreitung von Energie-Einspeisegesetzen entscheidend mitgeprägt. Er gehörte zu den ersten, die gezeigt haben, dass es möglich ist, ein modernes Industrieland komplett auf Basis erneuerbarer Energien zu versorgen. Sein unerschütterlicher Glaube an eine globale Energie-Wende, sein hoher persönlicher Einsatz und sein unvergleichlicher Kampfgeist werden weiterhin viele Entscheidungsträger, Experten und Bürger bei ihrem Kampf für eine Welt ohne fossile und nukleare Energien inspirieren. Unsere Gedanken sind in dieser schwierigen Zeit bei seiner Familie."
Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie e.V.:
"Mit Bestürzung haben wir vom überraschenden Tod Hermann Scheers erfahren. Wir haben mit seinem Tod einen der wichtigsten Visionäre und Mitstreiter für die Energiewende verloren. Hermann Scheers unermüdlicher Einsatz für die Erneuerbaren Energien hat einen wesentlichen Beitrag zur ihrer positiven Entwicklung in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten geleistet. Auch sein internationales Engagement für die Energie aus Sonne, Wind und Co hat mit der Verleihung des Alternativen Nobelpreis eine angemessene Würdigung erhalten. Hermann Scheer wird uns persönlich, menschlich und im Kampf um eine künftige Energieversorgung aus 100 Prozent Erneuerbare Energien fehlen. Als Bundesverband WindEnergie werden wir jedoch in seinem Sinne für dieses Ziel weiterstreiten."
(jw)