In Deutschland werden laut Agora Energiewende in diesem Jahr rund 47 Millionen Tonnen mehr CO2 ausgestoßen, als 2020. Das wäre damit der größte Anstieg seit 1990. „Im Corona-Jahr 2020 wurde uns noch politisch verkauft, dass Deutschland sein Klimaziel – eine Treibhausgasminderung um 40 Prozent gegenüber 1990 – erreicht. Heute ist aber klar, dass dieser vermeintliche Erfolg vor allem auf dem Produktions- und Reiserückgang in der Krise beruhte. Damit holen uns Klimaschutz-Versäumnisse der letzten Jahre wieder ein und verursachen eine Emissionssteigerung, die sogar über der der Wirtschaftskrise 2009/2010 liegt. Das ist ein klimapolitisches Desaster“, so die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter.
Deutschland sei technisch und wirtschaftlich in der Lage, in allen Situationen Energie aus erneuerbaren Energien bereit zu stellen. Allein die politischen Rahmenbedingungen seien in den letzten Jahren so zögerlich gewesen, dass der ambitionierte Ausbau der früheren Jahre im Stromsektor gestoppt und die Wärme- und Mobilitätswende verschleppt wurden. „Sollen die Ziele des neuen Klimaschutzgesetzes erreicht werden, braucht es jetzt endlich wieder Tempo bei der Energiewende. Zum einen müssen Subventionen in fossile Energieträger gestoppt werden, zum anderen ist in den ersten 100 Tagen ein Erneuerbares-Beschleunigungspaket auf den Weg zu bringen, das Hürden und Hemmnisse in Gesetzen sowie bei Flächen- und Genehmigungsbereitstellung beseitigt, den Energiemarkt nach den Bedürfnissen der Erneuerbaren ausrichtet und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende wieder deutlich erhöht“, so Peter.
Windverbände fordern von der Politik entschlossenes Handeln
Knapp einen Monat vor der deutschen Bundestagswahl rufen Wind Europe und die deutschen Windenergieverbände BWE und VDMA Power Systems die deutsche Politik dazu auf, Klimaschutz und Energiepolitik zu einem zentralen Thema der kommenden Legislaturperiode zu machen. Der beschleunigte Ausbau der Windenergie sei nicht nur klimapolitisch zwingend notwendig, sondern auch wirtschaftspolitisch von Vorteil, argumentieren die Branchenverbände.
Während der Ausbau der Offshore-Windenergie mit dem neuen Raumordnungsplan Konturen annimmt, tritt die Onshore-Windenergie auf der Stelle. Deutschland müsse jährlich fünf bis sechs GW neue Onshore-Windenergieleistung installieren, um die eigenen und europäischen Ausbauziele zu erreichen.
Die EU hat ihr Ziel für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 von 40% auf 55% erhöht. Im Juli dieses Jahres hat die Europäische Kommission mit dem sogenannten „Fit-for-55“-Paket umfassende Gesetzesänderungen vorgelegt, die das Erreichen dieses Ziels sicherstellen sollen. Als Teil dieses Pakets hat die Kommission das Ausbauziel für erneuerbare Energien von 32% auf 40% angehoben. Demnach soll Europas Windenergie-Kapazität von heute 180 GW auf 451 GW bis zum Jahr 2030 steigen. Der Großteil dieses Zubaus wird von Onshore-Windenergie kommen.
Wind Europe, BWE und VDMA Power System erwarten, dass die nächste Bundesregierung die guten Gesetzesvorschläge der EU-Kommission in den anstehenden europäischen Verhandlungen zum „Fit-for-55“-Paket aktiv unterstützt.
Hauptverantwortlich für den seit Jahren schleppenden Ausbau Onshore sind die unzureichende Flächenbereitstellung und ein deutlicher Rückgang der Genehmigungen für neue Windenergieprojekte. Komplexe Genehmigungsverfahren, umfangreiche Nachweispflichten und Verzögerungen in der Genehmigungsvergabe führten dazu, dass die erteilten Genehmigungen nach 2016 um über 60% zurückgingen. Hinzu kommen juristische Unsicherheiten selbst bei bereits genehmigten Projekten.
Die aktuelle Bundesregierung hatte bereits 2019 eine 18 Punkte umfassende Aufgabenliste zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren vorgelegt. Bis heute sind nicht alle darin enthaltenen Punkte umgesetzt. Beispielsweise sind die Abstände zu Drehfunkfeuern der Flugüberwachung nach wie vor nicht an internationale Standards (max. 10 km) angepasst worden, wodurch Flächen für Projekte mit mehreren GW blockiert werden.
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