Der Klimaschutz ist in konservativen Kreisen angekommen. Zumindest die Erkenntnis, dass die Wähler dieses Thema umtreibt. Nachdem die Reaktion aus der Union auf die Entscheidung der Wähler für den Klimaschutz bei der Europawahl so unsouverän ausgefallen ist, versucht man es mit der Flucht nach vorn. Klingt zumindest erst einmal gut, was Alexander Dobrindt jetzt vorschlägt: Eine Staatsanleihe, um Investitionen in den Klimaschutz anzustoßen. Ökostromanlagen sollen mit dem Geld gebaut, Wald angepflanzt werden. Dafür will sich der Staat Geld beim Bürger leihen und letzterer bekommt zwei Prozent Zinsen.
Immerhin, das sind zwei Prozent mehr als er von der Bank bekommt. Doch da stellt sich sofort die Frage: Sind denn die Investitionsmittel für den Bau von Wind- und Solaranlagen knapp? Dazu reicht ein Blick in die Ausschreibungen der letzten Jahre. Sie Auktionen um Marktprämien für Solarstrom sind seit Jahren mehrfach überzeichnet. Das Gleiche galt für die Windkraft, bis sie so weit in den Klammergriff genommen wurde, dass kaum noch neue Projekte möglich scheinen – die Ausschreibungen sind deshalb seit Oktober 2018 regelmäßig unterzeichnet.
Engagement bisher nicht erwünscht
Dass so wenig Projekte geboten werden, liegt also nicht an fehlenden Investitionsmitteln. „Wir haben im Bundeshaushalt ein Allzeithoch, was die Investitionen betrifft und werden das in den nächsten Jahren weiter durchhalten“, erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz gestern in der ARD. „Wir fangen an Probleme zu bekommen, das Geld loszuweden“, stellt er klar. „Deshalb müssen wir viele Planungskapazitäten und auch die rechtlichen Strukturen ändern, damit mehr investiert werden kann.“
Scholz benennt hier das eigentliche Problem, warum die Energiewende in Deutschland nicht vom Fleck kommt. Es sind die Rahmenbedingungen, die den Anlagenbau komplizierter oder gar unmöglich machen. Auch viele Unternehmen würden gern in eine Solaranlage investieren. Doch die Sonnensteuer vergällt ihnen die Lust. Bei den Anbietern von Mieterstromanlagen stehen die Kunden auf der Matte. Doch der komplizierte administrative Rahmen in Verbindung mit einer schwindenden Förderung der Mehrinvestitionen im Vergleich zu einer reinen Einspeiseanlage lassen viele Projekte scheitern. Die in Genossenschaften organisierten Bürger investieren schon seit Jahren in den Umweltschutz, auch ohne Segen der CSU. Doch dieses Engagement wurde in den vergangenen Jahren vor allem von Union und FDP mit Schützenhilfe der SPD ausgehebelt, indem die Bürgerenergiegenossenschaften mit den Ausschreibungen in die Ecke gedrängt wurden.
Keine neue Idee
Die Idee ist nicht so neu, als dass sie den Paukenschlag verdient hätte, mit dem sie jetzt gefeiert wird. Er stammt ursprünglich von Georg Nüßlein, in der Unionsfraktion im Bundestag unter anderem zuständig für Umweltpolitik. Es ist ein weiteres Schrittchen hin zu einem grüneren Image, das sich ausgerechnet die CSU geben will. Da wabern viele Ideen und Vorschläge durch die Welt, einige von ihnen durchaus brauchbar, wie die Abschaffung oder zumindest die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets, andere wiederum nicht mehr als nur ein Sturm im Wasserglas, wie eine Staatsanleihe für Klimaschutz.
Rahmenbedingungen verbessern
Sicherlich brauchen wir immense Investitionen, um die Energiewende zu stemmen, auch und vor allem im Verkehrs- und Gebäudesektor. Doch ob diese über eine Staatsanleihe mit Garantiezins gestemmt werden sollten, bliebt zumindest so lange fragwürdig, wie kein wirksames Klimaschutzgesetz verabschiedet und das EEG- und Energierecht so novelliert wurde, dass es tatsächlich den Ausbau von erneuerbaren Energien beschleunigt und nicht behindert. Für den Gebäudesektor braucht es endlich einen steuerlichen Anreiz. Zudem sollten die Hauseigentümer energetische Sanierungen nur noch so weit auf die Mieter abwälzen dürfen, wie es eine Amortisation der Investitionen notwendig macht. Dabei sollte Grundlage die Lebensdauer der neuen Anlagentechnik oder Dämmung sein, die den Energieverbrauch reduziert und die Erneuerbaren in den Heizungskeller oder aufs Dach bringt.
Der Verkehrssektor braucht tatsächlich ein üppiges Netz an Ladesäulen, um die Elektromobilität weiter voranzutreiben. Doch auch hier sind nicht die fehlenden Investitionsmittel das Nadelöhr, sondern beispielsweise die Regelungen im Wohneigentums- und Mietrecht, die einem Ausbau der Ladeinfrastruktur immer noch im Wege stehen. Zudem ist ohnehin ein Umdenken in der Verkehrspolitik weg von der Konzentration auf das Auto hin zu gemeinsam genutzten Verkehrsmitteln notwendig.
Neue Wälder braucht das Land?
Ob es die CSU mit ihren Vorschlägen ernst meint, kann sie in den kommenden Wochen beweisen, wenn es darum geht, die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass eine Energiewende und ein Klimaschutz möglich wird. Dazu gehört auch ein schnellerer Ausstieg aus der Braunkohle, der mit einem forcierten Ausbau von Ökostromanlagen und Speicherkapazitäten einher gehen muss. Dann braucht man auch nicht so viel Geld für neue Wälder, die Dobrindt angepflanzt wissen will. Dann stehen die bestehende Wälder wie der Hambacher Forst nicht mehr auf der Abschussliste der Energiekonzerne.