Energy Sharing – die Lieferung von Solarstrom direkt an Nachbarn – ist ein Weg, um die vorhandenen Flächen für den Bau von Solaranlagen besser und effizienter auszunutzen. Denn derzeit werden die Solaranlagen auf Dächern am Eigenverbrauch im Gebäude ausgelegt und dadurch blieben viele geeignete Flächen ungenutzt.
Außerdem können dadurch mehr Bürger:innen direkt an der Energiewende teilhaben und diese unterstützen, auch wenn sie kein eigenes geeignetes Dach für die Solarstromerzeugung besitzen. Bisher bleibt der geldwerte Vorteil des Eigenverbrauchs nur denjenigen vorbehalten, die ein eigenes Dach haben und darauf eine Solaranlage installieren.
Chancen für mehr Solarstrom im System
Das sind die zentralen Argumente, die der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) vorbringt, um die gemeinsame Nutzung von Solaranlagen durch mehrere Haushalte zu unterstützen. Dazu kommt noch, dass die Nutzung des produzierten Stroms vor Ort lange Transportwege und vor allem die aufwändige Vermarktung an der Strombörse weitgehend überflüssig machen. Außerdem können durch das Energy Sharing neue Flexibilitätsoptionen entstehen.
Leistungsgrenzen abschaffen
Um das Energy Sharing möglich zu machen, schlägt der SFV unter anderem vor, dass Betreiber von Solaranlagen den produzierten Sonnenstrom regional vermarkten können – egal wie groß der Solargenerator auf dem Dach ist. Auch die Grenze von bis zu 10,8 Kilowatt für Anlagen auf Einfamilienhäusern und 50 Kilowatt für Solargeneratoren auf Dächern von Mehrfamilienhäusern, wie es die EU-Regelungen festlegen, hält der SFV für absurd.
Direktlieferung vereinfachen
Konkret fordert der SFV die Politik auf, leicht umsetzbare Rahmenbedingungen für dieses Energy Sharing zu schaffen. Dazu gehört die Einführung vereinfachter Abrechnungsverfahren auf Basis von Viertelstundenwerten der Stromerzeugung und des Stromverbrauchs. Die Höhe des Preises für den Strom, den der Anlagenbetreiber an seinen Nachbarn liefert, sollen beide Partner selbst vereinbaren können. Außerdem ist die Erstellung eines standardisierten Stromliefervertrags notwendig, um die Hürden für das Energy Sharing und der Vertragsabschluss zu senken. Das Wichtigste ist jedoch, dass die Netzgebühren für den vor Ort gehandelten Strom sinken müssen und die Stromsteuer für den nachweislich gelieferten Solarstrom wegfallen sollte. Bei allem sollte die gesetzliche Einspeisevergütung für den nicht vermarkteten Strom allerdings erhalten bleiben.
Netzentgelte sind die größte Hürde
Nur so wird das Energy Sharing für Stromkunden und Anlagenbetreiber attraktiv. Damit geht der SFV über den Gesetzentwurf des Bündnisses Bürgerenergien (BBEn) hinaus, in dem eine Marktprämie vorgeschlagen wird, so lange die Netzentgelte für die direkte Stromlieferung noch nicht reduziert sind. Schließlich sind die vollen Netzentgelte für den vor Ort gehandelten Solarstrom eine der großen Hürden für das Energy Sharing – neben der Herausforderungen bei der Erfassung und Abrechnung der gelieferten Strommengen. „Einfache Solarstromliefermöglichkeiten in die nächstliegende Nachbarschaft über das öffentliche Stromnetz und ohne preisbildende Strombörsenvermarktung existieren allerdings quasi nicht“, kritisiert der SFV.
Bilanzmethode ist zu aufwändig
Bisher unterscheidet sich der direkt vor Ort gelieferte Strom nicht vom Netzstrom des Energieversorgers. „Das macht den einfachen nachbarschaftlichen Verkauf kompliziert, da in detaillierten Bilanzkreisen nachgewiesen werden muss, wie viele Kilowattstunden Solarstrom vom Photovoltaikanlagenbetreiber geliefert und quasi zeitgleich von dem Strombezugskunden bezogen werden“, umreißt der SFV das zentrale Problem. „Diese Bilanzmethode muss auf Grundlage gesetzlicher Vorschriften viertelstündlich erfolgen. Netzauslastung und ein gegebenenfalls erforderliches Lastmanagement müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Der Aufwand ist also erheblich - vor allem deshalb, weil die Digitalisierung im Messwesen und damit der Einbau von intelligenten Messsystemen – Smart Meter – noch in den Kinderschuhen steckt.“
Klimaschutz auf kommunaler Ebene stärken
Die nachbarschaftliche Solarstromvermarktung führe also in aller Regel in die Sackgasse, resümiert der Branchenverein. „Wir plädieren deshalb für Vereinfachungen beim nachbarschaftlichen Solarstromverkauf über das öffentliche Netz. Diese Möglichkeit wäre - neben dem klassischen Energy Sharing - ein weiterer notwendiger Baustein für die bürgerschaftliche Energiewende. Die Vorteile zusätzlicher, über das EEG hinausgehender Investitionsanreize sowie mögliche netztechnische Entlastungen über die Kopplung von Stromangebot und Nachfrage im Verteilnetz kurbeln den Klimaschutz auf kommunaler Ebene an“, ist sich der SFV sicher. (su)
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