„Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde“, so steht es schon in Bibel geschrieben. Dies gilt im Grunde auch für den Betrieb von Windenergieanlagen. Denn nach einigen Betriebsjahren müssen sich die Betreiber fragen, ob sich ihre älteren Anlagen noch wirtschaftlich betreiben lassen. Nicht selten führen diese Überlegung dann zu der Entscheidung, die Anlagen dauerhaft still zu legen und zurückzubauen. Nach § 18 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) erlischt im Übrigen die Genehmigung von Gesetzes wegen, wenn eine Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist.
Wie bereits die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb erfolgt auch der Rückbau nach klaren rechtlichen Vorgaben. Ausgangspunkt sind dabei das Baugesetzbuch (BauGB) und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung. So müssen Anlagenbetreiber bereits bei Antragstellung eine verbindliche Erklärung abgeben, dass sie die Anlage nach dauerhafter Beendigung der zulässigen Nutzung zurückbauen und Bodenversiegelungen beseitigen werden (§ 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB). Die Verpflichtungserklärung zum Rückbau stellt eine eigene Zulässigkeitsvoraussetzung dar, so dass erst mit deren Vorlage eine Genehmigung überhaupt erteilt wird. Die Erklärung ist auch dann für den Anlagenbetreiber bindend, wenn er eine Anlage erst nach Genehmigungserteilung vom vorherigen Betreiber erwirbt, denn die Rückbauverpflichtung geht mit der Anlage auf den neuen Betreiber über.
Kosten des Rückbaus
Die Verpflichtungserklärung umfasst den vollständigen Rückbau der Anlage mit Fundament und Nebenanlagen. Es müssen also auch Leitungen, Wege und Kranstellflächen zurückgebaut werden. Dies hat bereits der Hessische Verwaltungsgerichtshof in einem Beschluss von 12.01.2005 (Az.: 3 UZ 2619/03) mit folgenden Worten klargestellt: „Um die Beeinträchtigung beim Landschaftsbild und im Funktionszusammenhang beim Schutzgut Boden rückgängig zu machen, ist nicht nur der Ausbau des oberirdischen Teils der Windkraftanlage geboten, sondern auch die Entfernung des Betonfundaments.“ Ebenso ist die aufgrund der Anlage entstandene Bodenversiegelung so zu beseitigen, dass der Versiegelungseffekt (etwa beeinträchtigtes Versickern von Regenwasser) nicht mehr besteht.
Die Kosten des Rückbaus hat der Anlagenbetreiber selbst zu tragen, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.10.2012 (Az.: 4 C 5.17) bestätigt hat. Bei dieser Gelegenheit hat das Gericht zudem dargelegt, dass die zuständigen Baugenehmigungsbehörden eine Sicherheitsleistung zur Einhaltung der Rückbauverpflichtung auf der Grundlage einer landesrechtlichen Vorschrift verlangen können. Die Höhe der Sicherheitsleistung sowie die Berechnung sind nicht bundeseinheitlich festgelegt. Die Anforderungen für das einzelne Vorhaben sind daher anhand der jeweiligen Landesbauordnungen und Verwaltungsvorschriften zu prüfen. In Brandenburg regelt die Verwaltungsvorschrift zur Brandenburgischen Bauordnung, dass sich die Höhe der Sicherheitsleistung nach den Kosten bemisst, die voraussichtlich für den vollständigen Rückbau der Anlage – einschließlich der Beseitigung der Bodenversiegelung – aufgewendet werden müssen. Grundsätzlich sind bei der Ermittlung der Rückbaukosten 10 % der Rohbaukosten anzusetzen. Bei Windenergieanlagen sind als fiktive Rohbausumme 40 % der Herstellungskosten anzunehmen.
Richtig entsorgen
Ist die Entscheidung über den Rückbau der Anlage getroffen, sind die Anlagenteile abzubauen und ordnungsgemäß zu entsorgen. Eine gesetzliche Vorgabe zum Umgang mit den abgebauten Teilen gibt es nicht. Es bleibt dem Anlagenbetreiber überlassen, ob er die Einzelteile entsorgt oder weiterverkauft. Meistens sind die Anlagen aber altersbedingt derart beschädigt oder abgenutzt, dass sie nicht mehr verwendet werden können. Nach Möglichkeit sind die einzelnen Materialien daher separiert in die Kreislaufwirtschaft zurückgegeben. Für die Metalle und die Betonfundamente gibt es zuverlässige Recyclingverfahren. Auch die Betriebsflüssigkeiten, vor allem Öle und Schmierstoffe sowie Hydraulikflüssigkeiten, stellen bei der Entsorgung keine unbekannten Probleme dar. Dagegen ist die Entsorgung der Rotorblätter, die überwiegend aus Faserverbundstoffen (GFK) bestehen, nach wie vor nicht hinreichend sicher geklärt. Erst langsam etablieren sich einzelne Unternehmen, die auf die Verwertung dieser Materialien spezialisiert sind.
Um den Unsicherheiten in der Entsorgung zu begegnet, wurde die DIN SPEC 4866 „Nachhaltiger Rückbau, Demontage, Recycling und Verwertung von WEA“ vom 17.07.2020 veröffentlicht. Sie bietet eine praxisnahe Hilfestellung und geht spezifisch auf den Abbau der Rotorblätter, des Turmes und der Gondel sowie die Entsorgung der Einzelteile ein. Auch werden die erforderlichen, behördlichen Verfahren zur Entsorgung der Teile je nach verarbeiteten Stoffen beschrieben. Ungeachtet dessen ist angesichts mehrerer internationaler Forschungsprojekte (vgl. dazu Informationspapier des BWE „Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen“) zu erwarten, dass die Fragen beim Abbau und Recycling vor allem der GFK-Bestandteile von WEA ebenfalls zeitnah geklärt werden.
Autor: Dr. Jan Thiele, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner der auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei Dombert Rechtsanwälte (www.dombert.de)