Seit dem 1.1.2016 gilt der Paragraf 24 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Er bestimmt, dass für alle neuen Windenergieanlagen in Zeiträumen, in denen an der Strombörse negative Preise für eine Dauer von sechs Stunden oder länger eintreten, keine EEG-Vergütung gezahlt wird. Hierin liegen nicht unerhebliche wirtschaftliche Risiken. Die Windbranche war in Bezug auf die Auswirkungen des §24 EEG daher zu Recht verunsichert. Befürchtungen zu den Auswirkungen reichten bis zu einer kompletten Unwirtschaftlichkeit zukünftiger Windprojekte. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Strommarktes (Strommarktgesetz) sieht nun eine Anpassung des Paragrafen vor, welche die negativen Auswirkungen voraussichtlich dämpft, die Regelung jedoch nicht abschafft. Die genaue Analyse belegt, dass damit weiterhin eine Bewertung der Risiken für Windprojekte notwendig ist.
Hintergrund des §24 EEG
§24 des EEG 2014 regelt, dass Windprojekte mit Inbetriebnahme ab 1.1.2016 keine Marktprämie in Zeiten erhalten, in denen die Strompreise an der Strombörse EPEX für 6 Stunden oder länger ununterbrochen negativ sind. Dieser zeitweise Stopp der Marktprämienauszahlung geht im Kern auf Vorgaben der Europäischen Union (EU) zum Beihilferecht zurück. In Verbindung mit der sogenannten Verklammerung von Windenergieanlagen (§32 EEG) fallen nahezu alle Windprojekte unter den §24.
Dabei war im EEG bisher nicht eindeutig definiert, welche Strompreise negativ sein mussten, damit die Regelung des §24 ausgelöst wird. Nahezu alle Marktakteure gingen davon aus, dass sich die Regelung auf den vortägigen Stromhandel bezieht, den sogenannten Day-Ahead-Markt. Dies war auch Grundlage der bisher dazu vorliegenden energiewirtschaftlichen Studien. Mit ihrem aktuellen Kabinettsbeschluss hat die Bundesregierung diese Interpretation nun verändert. Der Gesetzentwurf sieht folgende Ergänzung des §24 vor: „Der Wert eines Stundenkontraktes […] ist negativ, wenn für die betreffende Stunde jeweils der Wert in der vortägigen Auktion am Spotmarkt und der volumen-gewichtete Durchschnitt der Preise aller Transaktionen im kontinuierlichen untertägigen Handel am Spotmarkt negativ sind“. Im Klartext: nur wenn die Preise am Day-Ahead- und am Intra-Day-Markt gleichzeitig mindestens sechs Stunden in Folge negativ sind, kommt es zum Wegfall der Marktprämie.
Auswirkungen der Anpassung auf die Häufigkeit von §24-Blöcken
Doch welche Risiken bleiben nach dieser Korrektur am §24? Eine Auswertung historischer Day-Ahead- und Intra-Day-Preise lässt auf eine deutliche Dämpfung des Erlösrisikos schließen.
Nachfolgende Abbildung zeigt die Anzahl der theoretisch von §24 betroffenen Stunden vom 1.1.2012 bis 31.12.2015:
Anhand der historischen Strompreise des Jahres 2015 analysiert, bedeutet dies:
Fazit: Das §24-Risiko wird gedämpft, aber nicht beseitigt
Die im Kabinettsentwurf enthaltene Klarstellung der §24-Regelung dämpft die Risiken für die Windbranche: kurzfristig treten Vergütungsausfälle durch negative Strompreise weniger häufig auf, als dies bisher erwartet wurde. Und auch langfristig gilt: Das Risiko ist zwangsläufig geringer, als wenn alleine die Preise des Day-Ahead-Marktes Auslöser für §24 sind. Alles unter der Voraussetzung, dass der vorliegende Kabinettsentwurf noch Gesetz wird.
Dennoch darf das verbliebene Risiko nicht unterschätzt werden – vor allem in seiner langfristigen Auswirkung. So zeigen verschiedene langfristige Strommarktmodellierungen unter anderem von Enervis, Energy Brainpool und Fraunhofer ISI durchweg eine Zunahme negativer Strompreisen über die kommenden Jahre und Jahrzehnte, wobei die Häufigkeit der Sechsstundenblöcke je nach Studie unterschiedlich ist.
Wie können Investoren und Betreiber mit dieser Situation umgehen? Geeignete Risikomanagementstrategien sollten insbesondere folgende Punkte berücksichtigen:
Autoren: Dr. Nicolai Herrmann und Eckhard Kuhnhenne-Krausmann (beide enervis, Berlin)
Veranstaltung zum Thema: Enervis-Forum mit weiteren Informationen zum künftigen Strommarkt am 18.2.