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Kohlekommission

Deutschlands letzte Steinkohlezechen schließen jetzt

Nicole Weinhold

Seit Jahren wird über den Kohleausstieg für den Schutz des Klimas diskutiert. Die Kohlekommission hat gerade den Termin für eine Konzeptvorstellung auf Anfang Februar verschoben. Sie wird sich nicht die Blöße geben, dann mit leeren Händen dazustehen.

Gleichwohl sind die Einigungsschwierigkeiten ungleich größer als in der Vergangenheit. Denn Deutschland erlebt bereits seit Jahrzehnten einen Kohleausstieg. Der westdeutsche Steinkohlebergbau förderte 1960 146 Millionen Tonnen, im Jahr 2000 waren es nur noch 34 Millionen und jetzt, Ende 2018, schließen die beiden letzten Zechen: Prosper Haniel in Bottrop und Anthrazit in Ibbenbüren. Zuletzt wurden dort 3,7 Millionen Tonnen gefördert. Von 490.000 Jobs 1960 blieben bis heute 2.000 bis 4.000 übrig. Damals hatte Werner Müller, Wirtschaftsminister unter Schröder, den Kohleausstieg organisiert und allen Beteiligten durch klare Ansagen Planungssicherheit gegeben. Schon in 2000 waren es nur noch 58.000. Und auch die Braunkohleförderung im Osten ist enorm zurückgegangen – von 411 Millionen im Jahr 1989 auf 171 Millionen Tonnen 2017.

Kohleausstieg und neue Nutzungsideen

Deutschland hat längst gelernt, was ein Kohleausstieg ist. Das, worüber seit Jahren in Deutschland diskutiert wird, ist der allerletzte Teil, der übrig geblieben ist. 20.000 Jobs verteilt auf Lausitz, Rheinisches Revier und Mitteldeutschland. Für das Rheinische Revier hatte Greenpeace Energy gerade einen gut durchdachten Vorschlag unterbreitet – die Tagebaue und Kohlemeiler von RWE übernehmen, erstere renaturieren, letztere abschalten und durch Erneuerbare ersetzen.

Tatsächlich gibt es längst zahlreiche Beispiele für eine Nachnutzung durch erneuerbare Energien. Kein Wunder, die Standorte sind ideal geeignet: es gibt keine Anwohner, die sich gestört fühlen könnten und längst auch keine intakte Natur mehr. Hinzu kommt, dass die Netzinfrastruktur bereits für die Kohlekraftwerke ausgebaut worden ist.

Windparks statt Kohle in Klettwitz

Ein Beispiel für die Nachnutzung durch Erneuerbare ist der Tagebau Klettwitz in der Lausitz. Hier wurden 362 Millionen Tonnen Braunkohle aus der Erde geholt. Acht Ortschaften wurden verschluckt. Die Gemeinde Schipkau blieb. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich seit 2006 fast halbiert – allerdings auf immer noch hohen 7,5 Prozent. Nachdem die Kohle fort war, musste eine neue Wirtschaftsstruktur aufgebaut werden. Tourismus und moderne Energieversorgung sind nun die Steckenpferde der Region. Auf dem Gelände des ehemaligen Tagebaus sind 53 Windturbinen mit zusammen 100 MW entstanden. Die Bürger erhalten den klimafreundlichen Strom vergünstigt. Nicht weit weg ist der Tagebau Meuro: hier entstand 2011 mit 70 MW eine der größten Solaranlagen Europas.

RAG Montan baut Solar auf Kohle

Es gibt zahlreiche weitere Beispiele. Besonders engagiert zeigt sich die RAG-Tochter RAG Montan Immobilien. Sie betreibt zusammen mit Wirsol im Saarland zehn Solarparks, mehrere davon auf ehemaligen Kohlelagerflächen.

Anpassungsfähigkeit bewiesen auch zahlreiche Unternehmen. Dazu gehört der Getriebehersteller Eickhoff. Das Minengeschäft spielte früher eine sehr wichtige Rolle für das Unternehmen. Heute ist die Windkraft bedeutender Kunde. Eickhoff ist beispielhaft für NRW. Hier hat man die Windkraftindustrie mit offenen Armen empfangen. Viele Stahlverarbeitende Unternehmen produzieren jetzt Komponenten für die Windindustrie. Immerhin besteht eine Windturbine zu über 90 Prozent aus Stahl.

Nun bleibt zu hoffen, dass die Kohleländer sich den neuen Chancen öffnen und nach vorne schauen, sodass auch die Kohlekommission endlich ihren Ausstiegsfahrplan vorlegen kann.