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Klimaschutz

Vattenfall verkauft Kohlesparte - das Klima leidet weiter

Ende August gehen nach Informationen von Vattenfall die Braunkohle-Aktivitäten in der Lausitz an EPH und seinen Finanzpartner PPF Investments. Das tschechische Energieunternehmen soll Vermögenswerte in Höhe von umgerechnet 1,6 Milliarden Euro und Schulden und Rückstellungen zur Regenerierung von Braunkohlegebieten von 1,9 Milliarden Euro übernehmen. Der Verkauf betrifft Kohlekraftwerke und Braunkohleabbaugebiete in der Lausitz in Brandenburg und Sachsen.

Interesse an den Lausitz-Standorten hatten auch die tschechische Czech-Coal-Gruppe, der tschechische Staatskonzern CEZ, der Essener Energiekonzern Steag und Greenpeace bekundet. Greenpeace hatte die Ministerpräsidenten Sachsens und Brandenburgs zuvor in einem offenen Brief aufgefordert, das riskante Geschäft zu verhindern. Dazu hätten die Bundesländer, in denen die Braunkohlereviere von Vattenfall liegen, von dem neuen Eigentümer etwa verlangen können, höhere Rückstellungen für Rekultivierungsleistungen zu bilden und die Auflagen für die Sanierung der Abbaugebiete verschärfen, so Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid. Greenpeace befürchtet, dass EPH ohne weitere Auflagen nicht verantwortungsvoll mit Risiken umgeht. Das belege das Finanzmanagement bei der deutschen Tochterfirma Mibrag. Recherchen von Greenpeace hätten gezeigt, dass der Mutter-Konzern JTSD erst nach 2030 mit der „Akkumulation erheblicher Barreserven“ beginnen will. Greenpeace kritisiert, bis dahin müsste bereits das letzte deutsche Braunkohlekraftwerk vom Netz gegangen sein, wenn Deutschland seine Zusagen zum Klimaschutz einhalten will. „Vattenfalls Braunkohlesparte darf nicht an die Heuschrecke EPH verkauft werden, der Klimaschutz egal ist“, fordert Smid. „Die Politik muss diesen dreckigen Deal auf Kosten der Menschen und des Klimas verhindern.“

Annalena Baerbock, Sprecherin für Klimapolitik bei den Grünen, äußert sich ebenfalls kritisch: "Das ist ein schwarzer Tag für den Klimaschutz, das ist ein schwarzer Tag für die Lausitz. Mit dem Verkauf wollte der schwedische Staatskonzern Vattenfall sein Unternehmen rein waschen. Es wird jedoch keine Tonne CO2 eingespart, wenn Kohlekraftwerke einfach nur den Besitzer wechseln. Das klimapolitische und auch sozialverträgliche Gebot der Stunde wäre ein schrittweiser Rückbau des Kohlegeschäfts gewesen." Denn auch für die Beschäftigten, die von Seiten der Landesregierung gerne als Vorwand für ihre Unterstützung des Verkaufs genannt werden, bringe der jetzige Verkauf keineswegs Sicherheit, so Baerbock. Statt eines planbaren beruflichen Umstiegsmodells, ähnlich wie beim Ausstieg aus dem Steinkohlebergbau, würden die Beschäftigten mit einem Fünf-Jahres-Versprechen ruhig gestellt. In eine ähnliche Hängepartie geraten nach Ansicht der Grünen die betroffenen Lausitzer Gemeinden und die von der Umsiedlung für neue Tagebau bedrohten Dörfer. Denn die noch von Vattenfall beantragten neuen Tagebaue würden erst in mehr als zehn Jahren ausgekohlt. EPHs Agieren in anderen Regionen zeige, dass das Unternehmen eher auf das schnelle Geld aus ist. "Daher wäre es das mindeste gewesen, wenn zur Planungssicherheit aller Betroffenen zumindest diese Pläne im Zuge des Verkaufs ad acta gelegt worden wären."

Während der Kohledeal also anstandslos durchgewunken wurde, wird über das Klima eifrig diskutiert. Heute und morgen findet der 7. Petersberger Klimadialog statt, zu dem Bundesumweltministerin Hendricks gemeinsam mit dem marokkanischen Außenminister nach Berlin eingeladen hat. Dazu erklärt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, in diesem Jahr stehe der Petersberger Dialog im Zeichen der vollständigen, wirksamen und schnellen Umsetzung des Klimaabkommens von Paris. "Dabei muss die Europäische Union vorangehen und umgehend konkrete Maßnahmen zum Erreichen ihres selbstgesteckten Klimaschutzzieles von mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgasen bis 2030 vereinbaren. Um die ebenfalls in Paris vereinbarte Dekarbonisierung der Volkswirtschaften zu erreichen, muss die EU außerdem zeitnah ihr Ziel nachbessern." Mit anspruchsvollen Sektorzielen für den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Förderung der Energieeffizienz im Gebäudebereich und die CO2-Senkung im Straßenverkehr durch den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor sei auch ein Ziel von minus 50 Prozent bis 2030 wirtschaftlich machbar und erreichbar. Ein zu eng gefasster Ausbaukorridor für die erneuerbaren Energien, so wie in Deutschland gerade bei der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) festgelegt, sei kontraproduktiv und trage nicht zur Zielerreichung bei. "Das Pariser Klimaschutzabkommen muss noch vor dem angekündigten Brexit schleunig von der EU ratifiziert werden, so dass es in Kraft treten kann. Nur so kann vermieden werden, dass neuer Streit über die interne Lastenaufteilung aufbricht und auch Großbritannien weiterhin seinen Beitrag zum Erreichen der europäischen Klimaschutzziele leisten wird.“
(Nicole Weinhold)