Nicole Weinhold
Nach der jüngsten Mietrechtsnovelle hat die Wohnungswirtschaft angekündigt, die Sanierungsraten zu drosseln. Für Deutschland ist das nur eine weitere Peinlichkeit während der Klimakonferenz in Kattowice. Vorangegangen war ja schon das Nichtzustandekommen eines Kohleausstiegsplans. Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF), die Deutsche Umwelthilfe (DUH), der Bundesverband GIH Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerk, der Verband für Wärmelieferung (VfW), der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG) und der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) sind sich einig, dass die Bundesregierung bewusst hingenommen habe, dass energetische Modernisierungen für Vermieter unattraktiver werden. Aber trotzdem wurden keinerlei Maßnahmen erwogen, die Senkung der sogenannten Modernisierungsumlage durch bessere Anreize aufzufangen. Eine steuerliche Förderung für Gebäudesanierungen sei weiter nicht in Sicht. Auch das Energiesammelgesetz werde der Energiewende im Gebäudebereich weiter schaden.
Klimaneutraler Gebäudebestand
„Ein klimaneutraler Gebäudebestand ist erklärter Kernbaustein der deutschen Klimaschutzstrategie", so Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). "Dass die ohnehin viel zu niedrigen Sanierungsraten jetzt weiter sinken, nimmt die Bundesregierung – so wortwörtlich in der Begründung des Mietrechtanpassungsgesetz – hin." Das sei nicht nur peinlich, sondern auch wirtschaftsschädlich, denn deutsche Unternehmen seien weltweit Spitze in Energieeffizienzlösungen und stellten über 600.000 Arbeitsplätze.
Die Technik für den Ersatz von Kohle ist vorhanden
"Die Technik zur Klimarettung haben wir, nicht aber den Willen zur Anwendung", heißt es bei der Powertrust GmbH. Seit Generationen werde in Polen mit Kohle geheizt, die billig, ist, Arbeitsplätze schafft, Wärme und Strom liefert. Von diesem etablierten System auf erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmepumpe und Stromspeicher umzustellen ist laut Powertrust technisch möglich, menschlich und gesellschaftlich aber nicht. "Und das gilt auf der ganzen Welt, die Technik ist da, es fehlt der Wille zur Umsetzung", so das Fazit.
Viele Tonnen CO2 weniger, Jahr für Jahr
Eine Zehn-Kilowatt-Photovoltaikanlage reduziert den CO2 Ausstoß um rund 6,5 Tonnen pro Jahr. Wird sie mit einem Stromspeicher kombiniert, können 70 Prozent des Stromes aus der Photovoltaikanlage vor Ort verbraucht werden. Damit reduziert sich der Kohlendioxidausstoß in zwölf Monaten um 4,6 Tonnen. Die Effekte sind also schnell messbar. In Deutschland wird die positive Entwicklung durch die Erneuerbaren dadurch zerstört, dass trotz eines Stromüberschusses Kohlekraftwerke nicht abgeschaltet werden. Stattdessen wird Strom exportiert.
Emissionsgutschriften für Dienstreisen
Derweil bemüht sich das Bundesumweltministerium, das Gesicht nicht zu verlieren und gibt kleine Siege im Klimaschutz bekannt. Die Bundesregierung gleicht die Klimagas-Emissionen ihrer Dienstreisen vollständig aus. Dafür hat das Umweltbundesamt (UBA) für alle 2017 angefallenen Dienstreisen Emissionsgutschriften in Höhe von rund 300.000 Tonnen CO2 erworben und gelöscht. Die Reise der Umweltministerin nach Kattowice war also immerhin CO2-neutral, wenn sie auch ansonsten nicht für irgendetwas gut war.
Kommunen als Vorreiter
Wesentlich aktiver als die Bundesregierung und manche Länder sind Kommunen und Stadtwerke bei der Energiewende. Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) und die Humbold Viadrina Governance Platform (HVGP) wollen die lokalen Akteure in ihrem Engagement stärken. Mit dem Projekt „Energiewende Partnerstadt” soll nun der gegenseitige Austausch zur Energiewende über nationale Grenzen hinweg unterstützt werden. Deutsche und europäische Kommunen und Stadtwerke können sich im Rahmen ihrer Partnerschaften bis zum 15. März 2019 für eine Teilnahme bewerben.
Wie förderlich der Austausch mit einer Partnerkommune sein kann, haben die Erfahrungen der Pilotphase des Projekts gezeigt. „Das Pilotprojekt hat uns die Möglichkeit gegeben, uns direkt mit unserer Partnerstadt auszutauschen und gleichzeitig neuen Input von Experten zu erhalten", so Dirk Antkowiak, Bürgermeister der Stadt Friedberg. "Wir können jeder Stadt empfehlen, sich zu bewerben. Es lohnt sich.“ Friedberg in Hessen und seine Partnerstadt Entroncamento in Portugal sowie das Städtepaar Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern und Laxa in Schweden konnten die Expertenjury 2017 mit durchdachten Projektideen überzeugen und wurden daher für das Pilotprojekt ausgewählt.