Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hat angesichts der aktuellen Debatte um einen Industriestrompreis zur Entlastung energieintensiver Unternehmen ein Positionspapier veröffentlicht. „Ein Industriestrompreis als Brückenstrompreis kann eine nachvollziehbare Maßnahme zur Unterstützung energieintensiver Industrien im internationalen Wettbewerb sein. Aber eine Brücke braucht Pfeiler und ein Ufer, er muss also klar zeitlich, in der Zahl der Unternehmen begrenzt und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien verpflichtet sein. Denn erneuerbare Energien senken die Kosten nachhaltig”, so BEE-Präsidentin Simone Peter.
Wichtig sei im Kontext der Entlastungen für Unternehmen, dass nur die Unternehmen davon profitieren, die sich am Ausbau der erneuerbaren Energien sowie an weiteren Maßnahmen zur Dekarbonisierung und Flexibilisierung des Strommarkts beteiligen. Andernfalls drohten negative Auswirkungen auf die Energiewende. „Das Ziel muss weiterhin sein, dass die Bereitstellung von ausreichend kostengünstigem Strom aus erneuerbaren Energien beschleunigt wird. Daher sind regulatorische Hemmnisse weiter abzubauen, so dass der Eigenverbrauch bzw. die Direktbelieferung von Unternehmen, Industrie und Gewerbe vereinfacht wird”, so Peter weiter. Zusätzlich sollten Unternehmen in die Pflicht genommen werden, ihren Beitrag zur Flexibilisierung und Dekarbonisierung nachzuweisen.
Im Bereich der Terminmärkte seien flankierende Instrumente nötig, um die Liquidität dieser Märkte zu sichern. „Der PPA-Markt ist als marktliches Instrument zu stärken. Deshalb sind Anreize für die Investitionen von industriellen Großkunden erforderlich, z.B. indem begünstigte Unternehmen den regionalen Erneuerbaren-Ausbau selbst oder über Kooperationen vorantreiben”, so Peter. „Außerdem muss geprüft werden, inwiefern staatliche Umlagen und Steuern für alle Stromverbraucher:innen abzubauen sind. Der BEE fordert schon lange die Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtlich mögliche Minimum.”
Schließlich sei wichtig, die Diskussion um einen Industriestrompreis von den Forderungen nach Contracts-for-Difference (CfD) zu entkoppeln. „Für Erneuerbare-Energien-Betreiber ist eine solche Kopplung nicht attraktiv. CfDs gehen mit einer ganzen Reihe an Risiken einher, die den Ausbau der Erneuerbaren deutlich behindern können. Gleichzeitig sieht der Vorschlag aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur Kopplung von CfDs und Industriestrompreis eine Exit-Möglichkeit für Unternehmen vor, jedoch keine für die vertraglich gebundenen Erzeuger. Eine solche Kopplung ist daher abzulehnen”, so Peter abschließend.
Fazit des BEE: Ein Industriestrompreis ist aufgrund der aktuellen Wettbewerbssituation nachvollziehbar, muss aber im Umfang des Empfängerkreises und hinsichtlich der Dauer der Maßnahme strikt begrenzt sein. Eine Brücke braucht Pfeiler. Zudem hilft eine „Strompreisbrücke“ nur insoweit, als dass das „Ufer“, also die ausreichende Verfügbarkeit kostengünstigen Erneuerbaren-Energien-Stroms beschleunigt erreicht wird. Ein Industriestrompreis muss also an die sogenannte Grüne Konditionalität gebunden sein. Negative Folgen für den Strommarkt und nachteilige Auswirkungen auf die Dekarbonisierung und Flexibilisierung von Industrieunternehmen gilt es unbedingt zu vermeiden.
Bereits heute führt die Debatte beispielsweise zu einer Zurückhaltung der Marktteilnehmer*innen beim Abschluss von PPAs. Gleichwohl ist eine OPEX-Förderung generell sinnvoll, auch um Zukunftsindustrien wie z.B. Teile der PV-Industrie in Deutschland wieder anzusiedeln bzw. neue Technologien anzuziehen. Die Energiewende darf nicht verlangsamt, sondern muss beschleunigt werden. Nur der schnellere Ausbau der Erneuerbaren Energien wird Preis- und Versorgungssicherheit gewährleisten.
Anlässlich der Vorstellung der Studie von “Aurora Energy Research” zur Aufteilung der einheitlichen deutschen Strompreiszone hat der BEE seine Kritik an mehreren Preiszonen erneuert. „Eine Aufteilung würde den Ausbau erneuerbarer Energien und die dringend zu beschleunigende Sektorenkopplung deutlich verlangsamen“, so BEE-Präsidentin Simone Peter. Kleinere Preiszonen führten nach Einschätzung des BEE zu höheren Preisschwankungen im Strommarkt und gefährdeten Investitionen sowohl in Erneuerbare Energien als auch in Flexibilitätsoptionen, die zum Ausgleich von Wind- und Solareinspeisung dringend benötigt würden.(nw)