Nicole Weinhold
Zunächst die guten Nachrichten: Die Investitionskosten großer Solarstromanlagen in Deutschland sind laut Fraunhofer ISE innerhalb der letzten 15 Jahre um 75 Prozent gefallen. Weltweit kommt die PV auf durchschnittlich 50 US-Dollar pro Megawattstunde (MWh), wie die Marktforscher von Bloomberg New Energy Finance jüngst bekannt gaben. Die günstigsten PV-Projekte mit 23 bis 29 US-Dollar/MWh, die in China, Australien, Chile und den Vereinigten Arabischen Emiraten umgesetzt werden, können bereits ohne Einbezug von CO2-Preis und Emissionshandel bestehende fossile Kraftwerke aus dem Markt drängen.
Klammert man China einmal aus, wurden im Jahr 2019 weltweit mehr fossile Kraftwerkskapazitäten stillgelegt als in Auftrag gegeben. Das geht aus dem Bericht "Boom and Bust" hervorgeht, der in Zusammenarbeit mit Greenpeace International, dem Sierra Club und dem Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) entstanden ist. 27.200 Megawatt an Abschaltungen standen hier neuen Kohlekraftwerk Aufträgen in Höhe von 24.500 Megawatt gegenüber.
Weltweit Kohlekraftwerke nur zu 51 Prozent ausgelastet
Die Kraftwerke neigen immer stärker dazu, nicht ausgelastet zu sein. Im Schnitt laufen alle Kohlekraftwerke weltweit nur 51 Prozent der Zeit. Dadurch rechnet sich Kohle immer weniger, was am deutlichsten in den USA zu sehen ist, wo Kraftwerksbetreiber ihre Anlagen scharenweise abschalten und viel obendrein gleich Insolvenz anmelden. Mit 16.500 Megawatt entfielen fast 50 Prozent der Kraftwerksschließungen auf die USA, während dort die Kohleverstromung um 16 Prozent sank (weltweit waren es drei Prozent). In der EU ist die Kohleverstromung 2019 um 24 Prozent gesunken - der Grund lag hier in höheren CO2-Preisen im Emissionshandel.
Gleichwohl: ein Abschied von der Kohle, wie er für die Klimaschutzziele erforderlich wäre, ist noch nicht in Sicht. Im Januar 2020 waren laut Global Energy Monitor immer noch 661 Kraftwerksblöcke in Planung oder im Genehmigungsprozess und 385 im Bau. Von den 2.045 Gigawatt (GW) an weltweit laufender Kraftwerkskapazität (Januar 2020) entfallen 1.005 GW allein auf China. Und aufgrund der Coronakrise hat China nun besonders viele Genehmigungen für den Bau neuer Kraftwerke erteilt, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Deren Auslastung ist allerdings mittelfristig nicht zu erkennen.
Chinesische Kohlekraftwerkskapazität für den Balkan
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu. China ist nicht erst im Zuge seiner Initiative Neue Seidenstraße hochaktiv beim Werben für den Bau chinesischer Kohlekraftwerkstechnologie rund um den Globus. So ist gerade das erste chinesische Kohlekraftwerk in der nähe von Sarajewo in Bosnien-Herzegowina entstanden. Derzeit errichtet China ein Kohlekraftwerk in der Türkei, nahe der Grenze nach Syrien. Allen chinesischen Projekten gemein ist, dass sie mit hohen Krediten versehen sind. Auch in Bosnien-Herzegowina stellen chinesische Banken Millionen zur Verfügung. Hinzu kommt, dass es dort reichlich Braunkohle gibt. Demnächst könnte auch das Kosovo auf chinesische Kohlekraftwerkstechnik setzen, denn auch dort gibt es die fossilen Ressourcen. Und die Asiaten haben bereits attraktive Angebote unterbreitet. Zwar gelten die neuen Kohlemeiler als besonders sauber, doch der Weg, der hier eingeschlagen wird, ist der falsche. Besser wäre es, wenn die EU diesen Ländern entsprechende Angebote im Bereich der erneuerbaren Energien unterbreiten würde.
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