Vertreter des Europäischen Parlaments und des Rats der Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben am Mittwoch eine Minderung der Treibhausgasemissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 als neues Klimaschutzziel der EU für 2030 bestätigt. Damit einigten sich die EU-Parlamentarier und die im Europäischen Rat vertretenen EU-Mitgliedstaaten auf den neuen verschärften Zielwert in genau der Höhe, den der Europäische Rat gefordert hatte. Die bisherige Zielsetzung stammt aus dem Jahr 2014 und betrug 40 Prozent. Doch aufgrund der globalen Verpflichtung zur Begrenzung der Erderwärmung auf unter 2, möglichst aber auf nur 1,5 Grad Celsius, die drei Jahre später auf dem Klimagipfel von Paris erfolgt war, musste auch die EU ihre Ziele nachschärfen. Der EU-Rat hatte sich Ende 2020 auf die jetzt bestätigte Emissionsminderung von 55 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) bis 2030 geeinigt. Das EU-Parlament hatte sogar eine Reduktion um 65 Prozent gefordert.
Die Einigung enthält allerdings eine abschwächende Regelung zur Berechnung der Emissionsminderung, die Kritiker des verhältnismäßig weniger ambitionierten EU-Rats-Zieles nun zusätzlich verärgert: So rechnet die EU künftig die Wirkung sogenannter natürlicher CO2-Senken wie Wälder in ihre Klimabilanz mit ein. Weil insbesondere Wälder das Kohlendioxid absorbieren und im eigenen Stoffwechselkreislauf binden, soll ihre Wirkung auf die Veränderung des CO2-Gehalts angerechnet werden. Dies reduziere die tatsächliche Emissionsminderung auf einen Wert von nur noch minus 52,8 Prozent, monieren diese Kritiker. Wenigstens sieht die Einigung aber eine Begrenzung dieser Anrechnungsfähigkeit auf 225 Millionen Tonnen CO2 vor – und verlangt zugleich europaweite Aufforstungen, bis eine Bindefähigkeit des Waldes für 300 Millionen Tonnen CO2 erreicht ist. Außerdem setzte das EU-Parlament die Einrichtung eines Expertenrates durch, dessen 15 Mitglieder die Umsetzung der neuen EU-Klimapolitik gemäß dem neuen Klimaziel überwachen und regelmäßig bewerten sollen.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) in Deutschland zeigt sich gleichwohl erleichtert, dass es überhaupt zu einer Einigung gekommen ist. Sie schaffe „nun Klarheit für die Anpassungen der nationalen Gesetzgebungen, auch wenn Wissenschaft und Umweltverbände anzweifeln, dass dieses Ziel reicht, um dem Pariser Klimaabkommen zu entsprechen“, erklärte am Mittwoch die BEE-Präsidentin Simone Peter. Der Bundesverband E-Mobilität (BEM) begrüßt die Einigung und hofft nun, dass es dank ihr nun gelingt, „die Euro-7-Norm für Diesel- und Benzin-Fahrzeuge wie ursprünglich geplant umzusetzen und dem umweltschädlichen Verbrennerantrieb keine Gnadenfristen mehr einzuräumen“. Noch wird die neue Norm, die der E-Mobilität einen Schub geben könnte, durch Widerstand aus der Industrie blockiert. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen, Ingbert Liebing, lobte die EU-Einigung ebenfalls. Allerdings müsse die Politik auch in Deutschland die EU-Einigung durch eine konkrete Umsetzung erst noch glaubwürdig erscheinen lassen: „Die Entscheidung aus Brüssel müssen Bundesregierung und Bundestag als Impuls aufgreifen, um endlich die Ausbauziele der erneuerbaren Energien realistischer zu gestalten, sowohl im Hinblick auf die steigende Stromnachfrage als auch auf die verschärften Zielsetzungen.“
Wollen Sie die Klimapolitik der Europäischen Union im Blick behalten? Abonnieren Sie dazu einfach unseren kostenlosen Newsletter! Hier können Sie sich anmelden.