Tilman Weber
Im April hatte das norwegische Finanzministerium bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem der eigentlich schon vor vier Jahren beschlossene Ausstieg des größten staatlichen Pensionsfonds aus der Kohlenutzung endlich ernsthaft vorankommt. Nun stimmte das norwegische Parlament der Anweisung an den 800 bis 900 Milliarden Euro schweren „Ölfonds“ zu, in den die Gewinne aus staatlichen Öl-Einnahmen des vom Öl- und Gasverkauf lebenden Rohstoffexportlandes fließen. Demnach soll sich der Staatsfonds von allen Anteilen an Kohleunternehmen trennen, die entweder mindestens jährlich 20 Millionen Tonnen Kohle fördern oder 10 Gigawatt (GW) Kohleverstromungskapazitäten besitzen.
Der Ausstiegsbeschluss betrifft somit auch die deutschen Energiekonzerne RWE und Uniper. Alleine an RWE hält der Ölfonds 164 Millionen Euro, was einem Anteilsbesitz von drei Prozent der Wertpapiere des Essener Konzerns entspricht. Vor allem aber wären wohl australische Kohleunternehmen von dem gigantischen Divestment betroffen. Laut den kursierenden Berechnungen wird sich der Fonds von fünf bis sechs Milliarden Euro an Beteiligungen an Kohle-Unternehmen trennen. Zudem werden weitere acht Milliarden Euro Divestment durch die Trennung von Anteilen an Öl- und Gasunternehmen frei, die ebenfalls eine Folge des schon 2015 eingeleiteten Ausstiegskurses der Norweger sind. Die frei werdenden 14 Milliarden Euro will der Fonds stattdessen voraussichtlich in erneuerbare Energien investieren.
Gesetzeslücke geschlossen
Mit dem Beschluss schließt die Mitte-Rechts-Minderheitsregierung auf Druck des Parlaments eine Gesetzeslücke, die den schon 2015 eingeleiteten Ausstiegskurs des Fonds bisher nur teilweise wirksam werden ließ. Die damalige Regelung sah einen Ausstieg des Fonds aus Unternehmen vor, die 30 Prozent ihrer Einnahmen mit Kohle erzielen. Der Fonds trennte sich infolge dieser Anweisung durchaus von Beteiligungen. Doch nutzte er zugleich die Regelungslücke und kaufte Ende 2018 erst massenhaft Wertpapiere von RWE ein, so dass er damals erst seinen Anteil an dem Essener Konzern sogar verdoppelte.
Der norwegische Staatsfonds handelt dabei keineswegs nur klimapolitisch uneigennützig, wie die Finanzministerin Siv Jensen von der rechtspopulistischen Fortschrittspartei bereits klargestellt hatte: Die Devise des Fonds müsse künftig lauten „maximale Rendite bei verschmerzbarem Risiko“: Angesichts der weltweiten Energiewende und stetig billiger werdender Erneuerbare-Energie-Erzeugung gilt das Risiko des Kohlegeschäfts offenbar den Norwegern als nicht mehr verschmerzbar.
Freude bei Greenpeace
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace lobte den norwegischen Parlamentsbeschluss sofort: Der Tag der Abstimmung sei „ein großartiger Tag für den Klimaschutz“, hieß es von Greenpeace Norwegen.