Tilman Weber
Unter dem Motto „Windkraft ist unser Beruf“ versammelten sich die rund 300 Demonstranten am Mittwochmorgen vor dem Brandenburger Landtag. Die von der Landesregierung geplante „Änderung des Gesetzes zur Regionalplanung“ würde „den Ausbau der Windenergie in weiten Teilen des Landes auf Jahre hinaus blockieren“, warnte die Landessektion für Berlin und Brandenburg im Bundesverband Windenergie (BWE). „Natürlich können Regionalpläne fast immer aus juristisch-formalen Gründen angegriffen werden. Damit aber alle Ergebnisse der jahrelangen Arbeit mit über Bord zu werfen, macht die Bemühungen aller Beteiligten zunichte“, sagte der BWE-Landesvorsitzende Jan Hinrich Glahr. Das Gesetz sei nicht notwendig, lautete seine Argumentation: „Viele engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Planungsstellen der Regionalen Planungsgemeinschaften und die ehrenamtlichen Regionalrätinnen und Räte haben in den letzten Jahren Kompromisse ausgearbeitet und Lösungen gefunden, um den Ausbau der Windenergie in Brandenburg zu steuern“.
Genehmigungsstopp für zwei Jahre bei ungültigem Regionalplan
Der Gesetzentwurf der Landesregierung, die von einer sogenannten rot-roten Koalition aus SPD und der Linkspartei getragen wird, sieht den Genehmigungsstopp für Regionen ohne gültigen Regionalplan vor. Dieser soll zwei Jahre lang im betroffenen Planungsgebiet grundsätzlich alle Windparkgenehmigungen verhindern. Erlaubt sein sollen Genehmigungen aber noch in begründeten Ausnahmefällen als Einzelfallentscheidungen. Derzeit ist der Regionalplan der Planungsregion Havelland-Fläming ungültig, nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg diesen im Sommer 2018 aus formalen Gründen als „fehlerhaft“ erklärt hat.
Solche Unwirksamkeitserklärungen durch Gerichte trafen die Regionalplanungen auch anderswo in Deutschland schon und machten diese unwirksam. Zumeist kippen die Pläne dadurch, dass das Gericht die Maßstäbe für die Ausweisung von Windparkeignungsgebieten als uneinheitlich oder zu wenig begründet kritisieren. Außer Havelland-Fläming hat auch Prignitz-Oberhavel aktuell keine juristische Sicherheit für die Regionalplanung: So hatte dasselbe Gericht ebenfalls 2018 den Planabschnitt für „Windenergienutzung“ zwar nicht in Gänze, aber in Teilen gekippt. Daraufhin beschloss die Planungsgemeinschaft Prignitz-Oberhavel einen alternativen Plan für „Freiraum und Windenergie“, der nun noch durch die Gemeinsame Landesplanungsabteilung von Berlin und Brandenburg genehmigt werden muss.
9.400 Arbeitsplätze allein in Berlin-Brandenburg in Gefahr
Das Motto der Demo von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Windenergieunternehmen darf als Anspielung auf Slogans verstanden werden, derer sich insbesondere auch die Landesregierung von Brandenburg zuletzt bedient hatte. Bundesländer mit Braunkohletagebau wie Brandenburg hatten zuletzt gegen einen schnellen Ausstieg Deutschlands aus der Kohleverstromung zugunsten der Energiewende und eines schnelleren Ausbaus von Erneuerbare-Energien-Anlagen Stimmung gemacht, indem sie vor einem Verlust von bundesweit bis zu 70.000 Arbeitsplätzen in der Braunkohle- und 10.000 Arbeitsplätzen in der Steinkohlenutzung warnten. Allein in Berlin und Brandenburg zähle die Windenergie etwa 9.400 direkt und indirekt Beschäftigte, betonten nun die Demo-Organisatoren vom BWE. Die Windenergie gehöre „damit zu den großen Arbeitgebern im Land“.
„Das Gesetz würde Windprojekte blockieren, die im Einklang mit den Zielen sowohl der Regionalplanung als auch der Landesregierung stehen“, betonte Glahr. Investitionen seien bedroht, bei denen die Branche „bereits erheblich in Vorleistung gegangen ist“, ließ der BWE wissen. Es sei als Folge von einem „massiven Fadenriss in den Auftragsbüchern der Unternehmen“ auszugehen – auch bei nachgeordneten Unternehmen wie Dienstleistern und Handwerksbetrieben. Die Landesregierung müsse das Gesetz nachbessern. „Windprojekte, die in der Regionalplanung gewollt sind, müssen ermöglicht werden“, sagte Glahr.
Kette von Maßnahmen gegen schnellen Windenergieausbau
Die Landesregierung in Potsdam sieht sich angesichts des näher rückenden Landtagswahltermins am 1. September beim Ausbau der Windenergie zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Mit mehreren Gesetzesinitiativen vorgeblich zur Erhöhung der Akzeptanz in der Bevölkerung für die Windenergie geht sie seit Monaten gegen das bisherige Ausbautempo der Windkraft im Land vor. Dazu, wie sehr die geplanten Maßnahmen den Ausbau bremsen würden, gibt es hingegen keinerlei Aussagen der rot-roten Regierung.