Die zentrale Frage, der Dr. Pia Spangenberger, Expertin für Berufsorientierung beim Wissenschaftsladen (WILA) Bonn, in ihrer Dissertation nachgeht, lautet: Spielt die Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle für Frauen, wenn sie einen technischen Beruf in diesem Bereich wählen? Die Untersuchung ergab: Frauen geben als Grund für ihre Berufswahl häufig an, dass sie mit ihrer Tätigkeit gesellschaftlich Sinnvolles tun wollen, zu einer nachhaltigen Entwicklung von Gesellschaft, Umwelt und Ökonomie beitragen möchten.
Nachhaltigkeit spielt bei Frauen eine wichtigere Rolle, sich für einen technischen Beruf in den Erneuerbaren Energien zu entscheiden, als bei Männern, urteilt die Wissenschaftlerin. Gerade in einer Phase der beruflichen Umorientierung legten Frauen darauf Wert, dass sie mit ihrem Job zur nachhaltigen Entwicklung beitragen. Spangenberger unterscheidet vier Personentypen: nachhaltigkeitsorientierte Technikliebhaberin, altruistisch orientierte Jobwechslerin, technisch-akademische Umweltschützerin und Nachhaltigkeit entdeckende Technikerin.
Exemplarisch hat Spangenberger den Sektor Windenergie untersucht. Insgesamt befragte sie in qualitativen Interviews 30 Frauen und Männer, die in der Windenergie in unterschiedlichen Ausbildungs- und Studienberufen arbeiten. Darunter waren beispielsweise eine Fertigungsfachkraft, eine Projektplanerin und ein Service-Manager für Windkraftanlagen. Außerdem führte Spangenberger Interviews mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Arbeitsmarkt, Berufswahl und Techniksozialisation.
"Nachhaltigkeitsbezug stärker betonen"
Die Wissenschaftlerin sieht den Nachhaltigkeitsbezug der erneuerbaren Energien als Chance, Frauen für technische Berufe zu begeistern. Sie appelliert daher besonders an Schulen und Hochschulen: „Der Nachhaltigkeitsbezug von Technik sollte, wenn gegeben, sowohl stärker nach außen kommuniziert als auch im Unterricht beziehungsweise der Lehre gendersensibel aufbereitet werden. Insbesondere junge Frauen, die bereits ein Interesse für Umwelt- und Klimaschutz mitbringen, sollten auf die vielfältigen technischen Einsatzmöglichkeiten im Bereich Erneuerbare Energien hingewiesen werden.“
„Die Ergebnisse stellen einen Schlüssel für die Berufs- und Studienberatung dar, wenn es darum geht, das Interesse von Frauen für einen MINT-Beruf unterstützen zu können“, würdigt Doktorvater Prof. Dr. Johannes Meyser vom Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre der Technischen Universität Berlin die Arbeit von Pia Spangenberger. Dreieinhalb Jahre hat die studierte Volkswirtin geforscht. Nun ist die Arbeit mit dem Titel „Zum Einfluss eines Nachhaltigkeitsbezugs auf die Wahl technischer Berufe durch Frauen. Eine Analyse am Beispiel des Windenergiesektors“ im Eusl-Verlag erschienen. Herausgeber ist der WILA Bonn. (Katharina Wolf)