Die Bundesregierung plant für die künftige Festsetzung der Einspeisevergütung, das System auf Ausschreibungen umzustellen. Für Freiflächen-Photovoltaik ist der Prozess bereits weit fortgeschritten. Für Onshore- und Offshore-Windenergie hat die Ausgestaltung des Designs von Ausschreibungen gerade erst begonnen.
Ausschreibungen sind kein Muss
Schlägt man das EEG 2014 auf und schaut, was dort zu Ausschreibungen steht, so findet man in den Grundsätzen des Gesetzes in Paragraph 2 unter Nummer 5: „Die finanzielle Förderung und ihre Höhe sollen für Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas bis spätestens 2017 durch Ausschreibungen ermittelt werden.“ Es handelt sich hier um ein Soll und nicht um ein Muss. Der Gesetzgeber hat sich also an dieser Stelle nicht rechtsverbindlich festgelegt.
Die Bundesregierung ist somit aus unserer Sicht hier nicht zwingend gebunden, Ausschreibungen für alle Technologien einzuführen, sondern sie kann auch davon abweichen. Der Text im EEG folgt damit einer Möglichkeit, die bereits durch die EU-Beihilferichtlinien festlegt wurde. Die Leitlinie sieht vor, dass dann auf Ausschreibungen für eine Technologie verzichtet werden kann, wenn „nur ein Vorhaben oder Standort oder nur eine sehr begrenzte Zahl von Vorhaben oder Standorten beihilfefähig wäre“, wenn „eine Ausschreibung zu einem höheren Förderniveau führen würde“ oder wenn „eine Ausschreibung dazu führen würde, dass nur wenige Vorhaben verwirklicht werden“. Die Bedingungen, um von Ausschreibungen für eine Technologie abzusehen, sind somit benannt. Ein einfacher politischer Sinneswandel reicht vermutlich nicht aus.
Systemwechsel darf kein Bruch sein
In Paragraph 5 des EEG wird etwas genauer definiert, was eine Ausschreibung ist, nämlich ein „objektives, transparentes, diskriminierungsfreies und wettbewerbliches Verfahren“. Diese Anforderungen teilen wir; wir haben deshalb entschieden, uns konstruktiv an der Diskussion über die Ausgestaltung des Ausschreibemodells zu beteiligen. Für uns ist dabei ganz zentral, dass ein Systemwechsel keinesfalls zu einem Fadenriss beim Offshore-Ausbau und somit bei den Offshore-Aufträgen führen darf. Für die Betreiber der Offshore-Kraftwerke hat die Wahl eines Ausschreibemodells erheblichen Einfluss auf schon getätigte Unternehmungen und die künftige Geschäftstätigkeit. Ein Systemwechsel im Förderregime bedroht Geschäftsmodelle, die in 15 Jahren auf der Grundlage einer ambitionierten Offshore-Politik der Bundesregierung gewachsen sind. Der Wechsel könnte unserer Meinung nach je nach Ausgestaltung des Ausschreibedesigns Eigentumsrechte der Inhaber bestehender Genehmigungen verletzen. Aus Sicht der Zulieferindustrie ist die Auswahl eines konkreten Modells von nachgeordneter Bedeutung. Für sie ist das Kriterium der Projektrealisierungs-Wahrscheinlichkeit prioritär.
Das System einer Ausschreibung für Offshore-Windenergie ist komplex. Das Funktionieren setzt einen tatsächlichen Wettbewerb voraus. Einerseits ist in der Offshore-Windenergie die Zahl der derzeitigen Marktteilnehmer begrenzt, andererseits haben die Vorhaben teilweise Planungszeiträume von zehn und mehr Jahren. Vor der Einführung eines Ausschreibedesigns muss die Bundesregierung daher gründlich prüfen, ob eine oder mehrere Bedingungen aus der Beihilfeleitlinie erfüllt sind und ob auf Ausschreibungen für die Offshore-Windkraft verzichtet werden kann.
Über eines besteht in Berlin bei Regierung, Industrie oder Umweltverbänden jedoch anscheinend kaum ein Zweifel: Die Ausschreibungen werden kommen. Wir haben akzeptiert, dass besonders im Prozess der europäischen Harmonisierung des Energiebinnenmarkts das aktuelle System des EEG aufhören wird zu existieren. An seine Stelle wird langfristig ein wie auch immer geartetes Ausschreibungsmodell treten.
Im internationalen Kontext gibt es bereits Erfahrungen mit Ausschreibungen bei erneuerbaren Energien; auch im Offshore-Bereich existieren verschiedene Modelle, wie Ausschreibungen erfolgen können, so zum Beispiel in Dänemark. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat der Fachöffentlichkeit verschiedene Vorschläge für ein Zielmodell vorgelegt und in einem ersten Workshop diskutiert.
Aus unserer Sicht ist die Wahl eines Zielmodells sicher zentral. Die eigentlich wichtigere und dringendere Frage ist aber nach unserer Auffassung, wie man von dem heutigen System mit einem engen regulatorischen Rahmen, bestehenden Genehmigungen und erörterten Projekten in der Nord- und Ostsee rechtssicher, investitionssicher und ohne Fadenriss in dieses Zielsystem mit Wettbewerb gelangen kann.
Damit der Systemwechsel gelingt, müssen das neue Vergabeverfahren und der Übergangsprozess vom heutigen System einer festen Einspeisevergütung hin zu einem Ausschreibungssystem frühzeitig bekannt sein. Offshore-Windparkprojekte haben einen langen und von der regulatorischen Seite auch komplexen Vorlauf. Dies muss Berücksichtigung finden. Der aktuelle Zeitplan des BMWi für die Entwicklung des Designs bei Ausschreibungen ist ambitioniert und eng getaktet. Hier darf es nicht zu großen Verzögerungen kommen, da sich Investoren sonst (erneut) so lange mit ihren Investitionen zurückhalten werden, bis Klarheit herrscht. Dies kann die Zuliefererindustrie nach der Debatte um die Strompreisbremse nicht noch einmal verkraften. Auf der anderen Seite bedarf ein Systemwechsel auch reiflicher Überlegungen und Debatten und sollte angesichts der mit Offshore-Windparks verbundenen Milliardeninvestitionen und Arbeitsplätze nicht mit heißer Nadel gestrickt werden.
40 Windparks genehmigt
Derzeit verfügen insgesamt 40 Offshore-Windparks in der Außenwirtschaftszone und im Küstenmeer über eine Genehmigung. Weitere 57 Projekte befinden sich im Genehmigungsverfahren, davon wurden mindestens neun Projekte erörtert und stehen kurz vor der Genehmigungserteilung. Für all diese Projekte wurden bereits finanzielle Mittel im Millionenmaßstab im Rahmen der Projektentwicklung investiert. Die aus den bereits erbrachten Vorleistungen erwachsenden Rechte müssen daher bei einem neuen System und auch im Übergang gewahrt werden. Sonst würde man (volkswirtschaftliche) Werte vernichten und neue Genehmigungen müssten erarbeitet werden. Dies widerspricht dem allgemeinen Ziel der Kosteneffizienz und ist unsinnig.
Mit dem bestehenden EEG war die Offshore-Windenergie für verschiedene Akteure interessant. Es hat zur Beteiligung einer Vielzahl von Akteuren wie Stadtwerken und mittelständischen Projektentwicklern zusätzlich zu den großen Energieversorgern geführt. Das Design des künftigen Systems muss daher auch weiterhin unterschiedliche Finanzierungsmodelle ermöglichen.
Dieser Beitrag von Ronny Meyer, Geschäftsführer der WAB Bremerhaven, ist in der Mai-Ausgabe unseres Print-Magazins erschienen. Gefällt er Ihnen, dann holen Sie sich jetzt ein kostenloses Probeabo. PS: Die WAB veranstaltet ihre Konferenz Windforce Anfang Juni in Bremerhaven.