„Der anvisierte vorgezogene Kohleausstieg ist unter der Bedingung von Substitutionen durch erneuerbare Energien und die erforderliche gesicherte Leistung weiterhin möglich.“ Dies ist eines der Ergebnisse der Analyse des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) angesichts der Ukrainekrise und des daraus folgenden Risikos geringerer Gaslieferungen aus Russland. Denn immerhin bezieht Deutschland die Hälfte seines Gases aus Russland. Doch auch andere Länder kaufen russisches Gas. Insgesamt ist die EU zu 40 Prozent von Gaslieferungen aus Russland abhängig.
Steinkohlestrom ist kein Ausweg
Doch beispielsweise die Verlängerung der Laufzeit von Steinkohlekraftwerken ist nur schwierig zu bewerkstelligen. Denn immerhin kauft Deutschland auch die Hälfte der Steinkohle in Russland ein. Es stehen zwar Alternativen zur Verfügung, die auch einfacher umzusetzen sind als Lieferungen von flüssigen Frackinggas (LNG) aus den USA. Hier könnten nach Informationen des BDEW Australien, Kolumbien, Indonesien, die USA oder Kanada einspringen. Doch aufgrund der längeren Transportwege würde der Preis für den Brennstoff in die Höhe schießen. Zudem würde eine vollständige Umstellung der Lieferkette mehrere Monate dauern. Immerhin ist bis etwa Mai 2022 die Versorgung noch gewährleistet, auch wenn Russland sofort die Kohlelieferungen einstellen würde.
Sicherheitsreserve kurzfristig aktivieren
Der BDEW sieht den Ausweg kurzfristig in der Aktivierung der Kraftwerke, die sich derzeit in der Sicherheitsbereitschaft befinden. Dies ist aber nur eine temporäre Lösung, da sie immer wieder in die Abhängigkeit führe. „Insgesamt werden mittelfristig vor allem der massive Ausbau erneuerbarer Energien, eine diversere Beschaffungsstruktur und der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bedeutsam für eine auf diversifizierten Energieströmen basierende Versorgungssicherheit sein, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden“, schreibt der BDEW in seiner Analyse.
Gaswirtschaft dekarbonisieren
Zu dieser Diversifizierung zähle allerdings auch der Ausbau von LNG-Infrastruktur. Doch: „Der bereits begonnene Transformationspfad der Gaswirtschaft hin zur Klimaneutralität wird in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen wichtiger denn je“, betont der Verband. Hier geht es vor allem um die Umstellung der Gasversorgung auf grünen Wasserstoff und den Ausbau der Biogasproduktion.
Ausbau der Erneuerbaren ist der Königsweg
Absolute Priorität müsse aber der Ausbau der Erneuerbaren haben, ohne die auch kein grüner Wasserstoff zur Verfügung stünde. Das gilt auch für den Umbau der Netzinfrastruktur. „Insbesondere für die erneuerbaren Energien muss nun endlich klar sein, dass Hemmnisse bei der Genehmigung und Realisierung der Projekte der Vergangenheit angehören müssen“, betont Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW. „Wenn wir unsere Energieversorgung resilienter und unabhängiger machen wollen, dann muss der Ausbau der erneuerbaren Energien in einem Tempo und Maße zulegen, welches wir in Deutschland bis dato nicht kennen“, steht in der Analyse des Verbandes.
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