Nach Jahren des Widerstands hat es jetzt auch die Deutsche Flugsicherung (DFS) akzeptiert. Sie plant, Funkfeuer am Boden (VOR/DVOR) abzubauen und wo nötig durch Entfernungsmesseinrichtungen (DME) zu ersetzen. Die DFS feiert es in ihrer Pressemitteilung wie eine Erfolgsmeldung, dass bis 2025 zehn Funkfeuer außer Betrieb genommen werden, um den Ausbau der Windenergie voran zu bringen. Perspektivisch will sie den Bestand von 57 Drehfunkfeuern bis 2030 um ein Drittel reduzieren. Das war lange überfällig.
In eindrucksvoller Weise zeigt sich hier wieder, wie sehr DFS, Behörden und Politik an der Realität vorbeigelebt haben. Und wie schlecht zwischen öffentlichen und Einzelinteressen in Deutschland beim Klimaschutz abgewogen wird.
Erkenntnisse aus der Praxis ignoriert
Dass die Sattelitennavigation VOR/DVOR in der fliegerischen Realität schon lange entbehrlich gemacht hat, wollte die DFS nicht sehen. Piloten betonen seit Jahren, dass VOR/DVOR-Anlagen für die Navigation nicht mehr zwingend gebraucht werden. Dies gilt insbesondere aufgrund des seit Dezember 2016 frei nutzbaren europäischen Sattelitennavigationssystems „Galileo“. Durch die Umstellung auf Galileo wird die Funknavigation in der Regel schlicht nicht mehr genutzt. Zudem wurde bereits frühzeitig begründet, dass dort, wo eine Funknavigation doch mal erforderlich sei, eine Ergänzung durch weniger störanfällige DME-Anlagen (Distance Measuring Equipment) sinnvoll und möglich ist.
Dieser praxistechnischen Meinung hat sich die DFS jedoch verwehrt. Sie hat auch auf die bereits 2007 von der Bundesregierung angekündigte Umstellung auf Galileo (BT-Drs 16/5553) ab dem Jahr 2010 (BT-Drs. 16/13050) nicht rechtzeitig reagiert. Selbst als 2016 mit dem Global Air Navigation Plan ein Abbau der D/VOR-Anlagen um bis zu 50% vorgesehen war und die DFS am im September 2017 den Abbau ankündigte, passierte fast nichts.
Die lange verschlafene Kehrtwende wird nun in einem „umfassenden Innovationsprogramm“ als Fortschritt verkauft. Dabei wurden jahrelang zahlreichen Windenergieanlagen die Genehmigung verweigert, weil erstens ein Abbau von D/VOR verhindert wurde und zweitens – ebenso falsch – eine erhöhte Störanfälligkeit von D/VOR-Anlagen in einem Radius von 15 Kilometern angenommen wurde, obwohl der empirische Nachweis für eine Störung von D/VOR bei einem Abstand von mehr als drei Kilometern zu WEA bis heute nicht erbracht wurde.
Wir brauchen ressortdurchgreifende Lösungen
Der jetzt geplante Abbau der D/VOR-Anlagen stellt nur einen kleinen Schritt auf dem Weg dar, die Energiewende in Deutschland voranzutreiben. Neben der Flugsicherung halten auch Artenschutz, Denkmalpflege, Straßenverkehr oder Bundeswehr an ihren ressortorientierten Einwendungen fest und sehen auch angesichts des Klimawandels keinen Bedarf, alte Muster zu überdenken.
Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, braucht es dringend eine belastbare, durchgriffsstarke ressortübergreifende Strategie und Kompetenz für den Ausbau der Windenergie. Denn Klimaschutz muss im Gesamtkontext betrachtet werden – dies wird der Maßstab sein, an dem sich die neue Bundesregierung messen lassen muss.
Autor: Martin Maslaton, Rechtsexperte für erneuerbare Energien; mehr: www.maslaton.de
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