Martin Maslaton
Verzögerte Verfahren und späte Beschlüsse im Bundes-Immissionsschutz-Verfahren sind für die Windbranche ein mächtiges Ärgernis: Der Bundesverband Windenergie gibt inzwischen eine Dauer von 800 Tagen oder knapp drei Jahren an. Viele Projekte werden aber auch erst nach fünf oder acht Jahren genehmigt – oder eben auch nicht.
Grund sind nicht nur Klagen von Naturschutzverbänden oder Bürgerinitiativen. Manche Verfahren werden von den Behörden auch lustlos bearbeitet und nicht selten gezielt verzögert. Das kann den Staat jedoch teuer zu stehen kommen: Durch die Amtshaftung der Behörden, wie ein richtungsweisendes Urteil des Landgerichts München zum Luftverkehrsrecht deutlich macht. Darin liest das Gericht dem Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) ordentlich die Leviten.
Die Pflicht, schnell zu machen
Die Richter sprechen der Klägerin Schadenersatz zu, denn die Behörden hätten die gesetzliche Pflicht, Verfahren zügig zu bearbeiten (Gebot zur Verfahrensbeschleunigung). Und die Münchner Richter sind angesichts des Bearbeitungstempos der Behörde „not amused“. Sie stellen klar, dass Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen sind. Insbesondere seien inhaltlich bereits geprüfte Fälle zügig zu entscheiden und dürften nicht grundlos liegen gelassen werden. Wenn Anträge dennoch nicht abgeschlossen werden, liegt die Beweislast bei der Behörde: Sie muss dem Antragsteller aufzeigen, warum es zu den Verzögerungen kommt. Schließlich geht es um eine interne Behörden-Blockade, deren Gründe der Antragsteller (der hier geschädigt wird) nicht bekannt sein können.
Was wir auch aus der Windenergie kennen: Die Art, wie die Luftfahrtbehörde mit dem Antrag (es ging um den Betrieb einer Flugschule) umging, grenzte an Arbeitsverweigerung. Die inhaltliche Prüfung des Antrags organisierte das LBA nicht intern, sondern bürdete diese Aufgabe dem Antragsteller selbst auf. Er möge, so das LBA, doch bitte eine Prüfliste anfertigen. „Der Prüfer im LBA sollte – sofern er eine vollständige Prüfung durchführt – selbst in der Lage sein, die Prüfliste als Ergebnis seiner Prüfung auszufüllen“, weisen die Richter das Luftfahrt-Bundesamt zurecht.
Gute Chancen für Klagen auf Amtshaftung
Die Richter erinnern die Behörde in ihrem Urteil auch daran, dass sie Auskunft über die voraussichtliche Verfahrensdauer und Vollständigkeit der Antragsunterlagen geben muss – als Richtwert gelten zwei Wochen. Das LBA hatte den Antragsteller dagegen erst nach fünf Monaten auf das Fehlen von entscheidungserheblichen Unterlagen aufmerksam gemacht.
Unerwartete Verzögerungen bei der Planung von Windparks können teuer werden – etwa, wenn man dadurch von der Festvergütung nach EEG (alt) in die „Ausschreibungsmöglichkeit“ (EEG neu) gerät. Nach dem Urteil aus München kann auch in der Windbranche ein Amtshaftungsprozess gute Erfolgschancen haben.
Dr. Martin Maslaton, Rechtsanwalt und Professor für das Recht der Erneuerbaren Energien, Leipzig