Sie hatten ihre Stände noch am Wochenende am Alex auf der Friedensdemo, am Kudamm und überall in der Stadt ihre Listen ausgelegt, in Bioläden und kleinen regionalen Geschäften. Die Frist endete am Montag, 10. Juni, und einen Tag später gaben die Organisatoren, der Berliner Energietisch, bekannt, 265.000 Unterschriften seien zusammen gekommen. "Die Bürger interessieren sich für ihre Energieversorgung", resümiert der Sprecher des Berliner Energietischs, Stefan Taschner . "Allein in der letzten Woche sind noch 110.000 Unterschriften zusammen gekommen."
Für einen Volksentscheid sind weniger als 200.000 gültige Stimmen erforderlich. Wenn die entsprechende Zahl auch offiziell erreicht ist, wird der Entscheid voraussichtlich am 22. September stattfinden. Wie in vielen Kommunen, so laufen auch in Berlin die Konzessionsverträge für die Stromnetze aus. Das ist Ende 2014 der Fall. Ziel des Volksbegehrens ist es, dass Berlin sein Stromnetz zurückkauft und mit eigenen Stadtwerken ausschließlich Ökostrom produziert. Das Stadtwerk könnte das Land Berlin gleich nach erfolgreichem Volksentscheid aktivieren. Zunächst hatte Stadtentwicklungssenator Michael Müller die Berliner Energieagentur ins Spiel gebracht. "Die haben zwar die Kompetenz, aber dort sind Vattenfall und Gasag beteiligt", so Taschner. Der Energietisch lehnt diese Idee ab. Inzwischen ist zu hören, dass der Senat Pläne für eigene Strukturen bei der Stadtwerksgründung verfolgt. Taschner kritisiert: "Der Senat hat kein stimmiges Konzept."
Mit einem Gesetzentwurf für eine demokratische, ökologische und soziale Energieversorgung in Berlin werden Stadtwerke und eine Netzgesellschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet. Noch liegt die Versorgung in den Händen des Energieversorgers Vattenfall. Das Berliner Abgeordnetenhaus kann den Gesetzentwurf des Berliner Energietisches bis zu 60 Tagen vor dem geplanten Volksentscheid annehmen oder einen eigenen Entwurf beschließen. Das bisher vorgelegt sei aber sehr dürftig gewesen, so Taschner.
Langfristiges Ziel des Bündnis ist es, die Energieversorgung zu 100 Prozent dezentral und erneuerbar zu gestalten. Die Stadtwerke könnten den Aufbau von Vertriebskapazitäten für erneuerbare Energien gestalten und selbst als Betreiber von Regenerativanlagen auftreten. Außerdem sollen sie Bürgerwind- und solaranlagen unterstützen. Auch soll die Senkung des Energieverbrauchs ein Geschäftsziel der Stadtwerke sein. (Nicole Weinhold)