„Ein Treiber des Designs“ sei für Adwens Acht-Megawatt-Windturbine AD 8-180 bereits die Branchenselbstverpflichtung, bis 2020 Windstrom vom Meer zu Kosten von nur noch 100 Euro pro Megawattstunde (MWh) zu erzeugen. So bestätigte die Chefentwicklerin beim deutsch-französisch-spanischen Joint Venture Adwen, Maite Basurto, das von dem neuen Unternehmen bereits vor einem Jahr vorgegebene Entwicklungsziel der bald größten Windturbine der Welt. Die neue Offshore-Anlage soll nun 2018 in Serienproduktion gehen. Der erste Prototyp an Land in Bremerhaven werde schon Ende 2016 stehen. Adwen ist das 2015 ausgegründete Gemeinschaftsunternehmen von Windturbinenbauer Gamesa aus Spanien und vom französischen Energietechnologie-Konzern Areva. Die Turbine AD 8-180 mit einem 180-Meter-Rotor ist die erste Entwicklung innerhalb des Joint Ventures.
Laut Veranstalter nehmen seit gestern noch bis heute abend knapp 400 Meereswindkraftexperten an der Windforce teil. Sie erfuhren indes nicht nur von schon bekannten Zielsetzungen. Gleich am ersten Morgen gab es die Bestätigung einer ganz neuen Zielsetzung: Vor rund einer Woche hatte der europäische Windenergieverband Wind eine Absichtserklärung von elf Offshore-Windkraftunternehmen veröffentlicht, die eine weitere Kostensenkung von Meereswindstrom bis 2025 auf 80 Euro pro MWh vorsieht. Mitunterzeichner waren neben Adwen als Turbinenbauer auch Siemens, GE und MHI Vestas. Auf der Windforce verwies auch der Verkaufschef der Offshore-Sparte von Windturbinenhersteller Senvion, Jörg Philp, auf das neue Wind-Europe-Ziel. Er betonte allerdings, dass für diese Lernkurve wohl ein Volumen jährlicher Installationen auf See von 3,5 bis 4 Gigawatt (GW) notwendig werde. Zum Vergleich: Im bisherigen Rekordjahr 2015 installierte die europäische Offshore-Windbranche europaweit rund drei GW, davon zwei in Deutschland.
Konkrete Kostensenkungen
Dass es mit den Kostensenkungen auch ganz konkret vorangeht, verdeutlichten einige der Windforce-Referenten anschaulich: Die Installationszeit der Turbinen habe sein Unternehmen inzwischen um 25 Prozent reduzieren können, betonte Senvion-Offshore-Mann Philp. Außerdem entwickelte der deutsche Hersteller die für die Serienproduktion vorbereitete neue Sechs-MW-Anlage Senvions mit 152 Meter Rotordurchmesser mit einem Upgrade weiter: Sie wird nicht 6,2 sondern 6,33 MW erzeugen. Auch Vestas hatte kürzlich die Erhöhung der Leistung der bereits mit Prototypen installierten Acht-MW-Anlage V164 auf 8,4 MW angekündigt.
Nicht nur günstiger und schneller in vielerlei Hinsicht, sondern auch flexibler und schlagkräftiger wird die Branche laut den Erkenntnissen von der Windforce. So erklärte der Chef des weltweiten kommerziellen Betriebs des Offshore-Bereichs von GE, Markus Rieck, dass der US-Konzern nach dem Kauf des französischen Anlagenherstellers Alstom im vergangenen Jahr die Offshore-Windkraft-Strukturen gestärkt hat. Die Erneuerbaren-Abteilung insgesamt sei aus dem bisherigen allgemeinen GE-Energie-Bereich Power amp; Water ausgegliedert. Und insbesondere der Offshore-Bereich sei gestärkt, nicht zuletzt seit November mit der Übernahme der Gesamtleitung für die Meereswindkraft durch den ehemaligen Vestas-Top-Manager Anders Soe Jensen.
Gesetz gegen Fadenriss bei Netzanbindung
Abhängig ist die Schlagkraft der Offshore-Windkraft aber nicht zuletzt von einer verlässlichen Gesetzgebung. Auf dem entsprechenden Panel erklärten mehrere Referenten die Sorgen und offenen Fragen zur geplanten Offshore-Zusatz-Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), zum WindSeeG. Immerhin bestätigte der Sprecher des Berliner Offshore-Industrie-Bündnisses OWIA, Urs Wahl, dass die gesetzliche Basis für die Netzverbindungen sich möglicherweise verbessert: Erstmals halte das Gesetz doch fest, dass durch die Netzanbindung kein „Fadenriss“ im Aufbau der Offshore-Windparks in Deutschland entstehen dürfe. In einem gesonderten Panel zu Seekabeln konnten sich die Teilnehmer der Windforce derweil ebenfalls noch am Tagungsmittwoch überzeugen, inwieweit die Branche sich technisch dazu in der Lage sieht. Laut Urs Wahl wäre allerdings ein gesetzlich initiierter Wettbewerb auch unter den Netzbetreibern erst die entscheidende Basis. Nur dann erhalte die Netzanbindung auch den notwendigen Schub – und werde für die Offshore-Windkraft sicher.
Flexible Projektierung
Bei Vorträgen einiger Windparkprojektierer wurde schließlich klar, dass die Flexibilität im Ausbau der deutschen Kapazitäten enorm gewachsen ist: So berichtete Windparkprojektierer WPD vom kleineren und küstennahen Windpark Nordergründe. Dessen Senvion-Anlagen kommen in einen Meeresgrund, der von sich ständig verlagernden Sandbänken im Mündungsbereich der Flüsse Elbe, Weser und Ems geprägt ist. Auf die Gefahr des Kolks, einer trichterförmigen Auswaschung des Bodens rings um den eingerammten Fundamentpfahl der Turbine, hat WPD eine flexible Antwort: Zunächst werde der Kolk zugelassen – ehe dann auf die ausgewaschenen Trichterflächen ein festigender Belag gebracht werde, verdeutlichte Projektmanager Hans-Christoph Brumberg. Und EnBW informierte, wie es dem Konzern bei seinen neuesten Projekten gelingt, viele Projektphasen inzwischen fast zeitgleich abzuwickeln.
(Tilman Weber)