Neue kommunale Turbinenstandorte wie das Thüga-Projekt Külsheim in Nordwürttemberg zeigen: Die Zusammenarbeit der Stadtwerke im Verein mit ihren Bürgern hat eine beeindruckende Intensität erreicht. Der Pusch für die Energiewende durch die Kommunen – von der grün-roten Ex-Landesregierung gewünscht – ist im Ländle angekommen.
Gerade in Baden-Württemberg war es das Ziel der Landespolitik von Grünen und Sozialdemokraten von Anfang an, die Kommunen und über sie die Bürger zur Verstärkung der Energiewende als Verbündete zu gewinnen. In einem von durchgängig konservativen Landräten und Führungsfiguren fest gehaltenen Land setzten sie auf diese Taktik: Das sollte die Welle der Veränderung von unten gegen die herrschende Windkraftskepsis wachsen lassen und sie fortspülen. Und auch nach der Ablösung der SPD als Junior-Koalitionspartner – vor kurzem durch die CDU – gilt dieses Konzept noch.
Natürliches Interesse an Windkraftprojekten
Ohnehin haben die Kommunen ein natürliches Interesse an Projekten wie Külsheim: Mit 18 Millionen Euro je zur Hälfte sichern sich Stadtwerkeverbund Thüga sowie ein regionaler Versorger auf einen Streich eine neue eigenständige, aber neue Stromversorgung. Denn das Versorgungsmodell mit Strom aus Kohlekraftwerken entweder in eigener Hand oder in der Hand von Großkonzernen funktioniert ja nicht mehr. „Schuld“ haben bekanntlich abgestürzte Börsenstrompreise, die unter dem Druck erzeugungskostenfreier Regenerativenergie absacken – zumal wenn diese wie neulich schon einmal 100 Prozent des bundesweiten Stromversorgungsvolumens einspeisen.
Aber auch die Kunden laufen dem alten städtischen Versorgungssystem davon. Vielleicht versorgen diese sich unabhängig sogar mit Solarstrom vom eigenen Dach. Mit Projekten wie Külsheim lassen sich die Bürger als Partner zurückholen. Außerdem bergen die kommunalen Windparks die Chance, sich von den großen Energiekonzernen endlich wieder unabhängig zu machen. Mit den Windparks können sich die Stadtwerke ihr maßgerechtes Volumen dazu zurechtschneidern.
Doch diese Chancen sind jetzt bedroht. Ein neues EEG stellt für kommunale Windparkpläne keine gute Zukunft in Aussicht.
Dabei sind die abzusehenden Vergütungssenkungen durch das EEG 2016 wohl weniger schlimm: Die Kommunen und ihre städtischen Versorgungsunternehmen dürften kleiner werdende Gewinnmargen in Kauf nehmen, wenn sie sich dadurch eine langfristige Versorgungsoption und Kapitalanlage sichern. Schlimmer ist, dass weiterhin keine Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung für kleinere lokale Kraftwerke in Ergänzung der Erneuerbaren-Verstromung in Aussicht steht – um ein gänzlich eigenes Stromsystem betreiben zu können. Ganz zu schweigen ist in diesem Zusammenhang von einer Förderung virtueller Kraftwerke, mit denen die kommunalen Versorger ihre Stromversorgung effizient selbst in Balance bringen könnten und dabei sogar noch im Stromhandel gutes Geld machen. Und schließlich ist zu fürchten, dass die durch das EEG 2016 eingeführten Ausschreibungen der kommunalen Windenergiewende einen irreparablen Schaden zufügen. Denn die Stadtwerke können eventuell im Wettbewerb mit den großen Energiekonzernen nicht mithalten.
Neue Allianzen bilden sich heraus
Dennoch darf das Beispiel Külsheim auch Mut verbreiten. Es zeigt bereits die Allianzen auf, mit denen die kommunalen Unternehmen an der Windkraft auch unter intensivierter Konkurrenz festhalten können. Projekt-Verbünde unter Beteiligung beispielsweise von Stadtwerke-Plattformen wie Thüga werden mehr. Auch Partnerschaften von Projektierern mit einzelnen Stadtwerken gehören dazu – wie vom hessischen Projektierer Abo Wind kürzlich gemeldet. Auch die angekündigte Zusammenarbeit von Hannovers Windwärts mit einer Genossenschaft gehört zu diesem Trend.
Vielleicht können sich die kommunalen Unternehmen als Puschfaktor für den Windenergieausbau auf solchen Bündniswegen im Spiel halten. Zugleich wäre für sie dazu auch eine klare Perspektive wichtig. Vom chronisch ausbleibenden Stromnetzausbau in Deutschland als Grundbedingung flexiblerer regenerativer Stromerzeugung soll hier gar nicht die Rede sein. Aber ein Entgegenkommen der Bundespolitik über beispielsweise eine Steuerfreiheit für kommunale Eigenversorgungs-Windparks wäre hilfreich – oder eine Bevorzugung der Stadtwerke in den Ausschreibungen oder ähnliches.
Geschäftsmodell kommunales Versorgungssystem
Was aber sollen Kommunen und Windturbinenhersteller oder Projektierer tun, wenn die Politik wie aktuell als unterstützender Akteur ausfällt. Sie könnten weitere, auch programmatische Bündnisse miteinander eingehen. Auch die Windenergieverbände müssten diese wagen, um die Demokratisierung der Energiewende auf ein neues Level zu heben. Windenergieanlagenhersteller können sich als Lösungsanbieter für Stadtwerke-Versorgungssysteme oder gar als Partner daran teilhaben, Stadtwerke könnten sich in Forschungsverbünden selbst engagieren, um ein ausbalanciertes flexibles Versorgungssystem mit erneuerbaren Energien zu finden und zu vermarkten.
(Tilman Weber)