Welches Potenzial sehen Sie für Offshore in den USA?
Die USA haben zur Zeit einen regelrechten Boom im Bereich der erneuerbaren Energien. Das trifft vor allen Dingen auf die Bereiche Photovoltaik und Windenergie an Land zu, aber auch im Bereich Offshore-Wind entwickelt sich jetzt gerade ein richtiger Markt. Die USA haben das Ziel, bis 2030 im Bereich Windenergie 314 Gigawatt (GW) zu erreichen (Stand 2015: 74,5 GW). Hiervon sollen 40 GW auf den Bereich Offshore-Wind (2015: 0 GW) entfallen. Das wären alleine Investitionen von bis zu 100 Milliarden US-Dollar.
Der erste Offshore-Park wurde ja jetzt installiert. Offenbar plant aber fast jeder küstennahe Staat ein Meereswindprojekt, richtig?
Ja, das Block Island Projekt vor der Küste von Rhode Island ist mit 30 MW angeschlossen. „Alpha Ventus USA“ ist sozusagen abgeschlossen und man hat hier wertvolle Erfahrungen gesammelt. Ähnlich wie in Deutschland nach 2010 wird die Entwicklung jetzt richtig Fahrt aufnehmen. In Massachusetts ist es beschlossen, dass bis 2027 1.600 MW an Offshore-Wind gebaut werden. Das entsprechende Gesetz ist bereits verabschiedet, aber auch in New York gibt es sehr ambitionierte Ziele. Eigentlich tut sich entlang der gesamten Ostküste von Maine bis South Carolina, an den großen Seen und vor den Küsten von Kalifornien und Hawaii etwas.
Welche Veränderungen könnten die Wahlen in den USA bringen?
Hillary Clinton hat bereits ein 60-Milliarden-US-Dollar-Programm zur Stärkung der erneuerbaren Energien angekündigt. Bei einer Wahl der Demokratin würden die USA insbesondere ihre Anstrengungen im Bereich des Klimaschutzes ausweiten. Aber auch Donald Trump kann diese Bewegung nicht mehr aufhalten, obwohl er sicherlich vieles dransetzen würde. Die Bundesstaaten haben ihre eigenen Möglichkeiten und können eigene Gesetze erlassen, wie man am Beispiel Massachusetts gesehen hat. Das macht es allerdings deutschen Unternehmen häufig schwer, sich in dem Kompetenz-Wirrwarr zurechtzufinden.
Welche Bedeutung haben neben der US-Regierung die Bundesstaaten?
In den USA fällt die Energiepolitik in die Zuständigkeit des jeweiligen Bundesstaates. Ähnlich wie in Europa gibt es also einen Fleckenteppich, aber dort sind es nicht nur 28 Länder, sondern 50 Staaten. Da das Land zu groß für einen ganzheitlichen Ansatz ist, muss man sich konzentrieren und ausloten, in welchen Bereichen das eigene Unternehmen die besten Chancen hat. Fast alle Bundesstaaten haben eigene Standards gesetzt, wie viel erneuerbare Energien ins Stromnetz eingespeist werden müssen. Die Rolle der Netze unterscheiden sich und insbesondere die Aufgaben der Gewerkschaften sind in jedem Bundesstaat anders. Die USA sind ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten, aber auch des unbegrenzten Risikos, gerade bei Haftungsfragen.
Was muss man als Unternehmen als wichtigste Lektion beachten, der in den USA ins Offshore-Geschäft einsteigen will?
Das lässt sich so pauschal nicht beantworten: Es ist entscheidend, in welchem Bereich man tätig werden möchte. Im Bereich von EPC stellt sicherlich der Jones Act das größte Hindernis dar. Dieser schreibt vor, daß alle Schiffe, die beim Bau eines Windparks zum Einsatz kommen und einen amerikanischen Hafen anlaufen, in den USA gebaut wurden, einem amerikanischen Reeder gehören und zu 75 Prozent mit amerikanischen Seeleuten bestückt sein müssen. Damit gibt es aber kaum noch Schiffe, die für den Aufbau eines Parks in Frage kommen. Hier ist also Kreativität gefragt. Ebenfalls sind die Haftungsfragen sehr wichtig und insbesondere das Rechts- und Steuersystem sind im Vorfeld genau auf die eigenen Anforderungen abzuklären.
Das Projekt Cape Wind gehört zu denen, die am längsten in der Planung waren. Am Ende ist nichts dabei rausgekommen. Muss man als Planer in den USA eher als bei uns mit solchen negativen Entwicklungen rechnen? Die Amerikaner sind ja sehr klagefreudig…
Cape Wind war ein besonderes Projekt und ist nicht pauschal zu übertragen. Direkt vor dem Sommersitz der Reichen und Mächtigen der USA sollte dieser Park entstehen. Er ist im Verlauf von 15 Jahren in einer Pionierzeit mit 27 Klagen überzogen worden. 25 davon wurden abgewiesen, aber dann waren die Stromabnahmeverträge zeitlich ausgelaufen und hätten neu verhandelt werden müssen. Das war zu viel für Jim Gordon und seine Truppe von Cape Wind, aber Butendiek in Deutschland war ja auch nicht gleich im ersten Anlauf erfolgreich. Mal sehen, ob nicht aus Cape Wind auch noch ein gutes Projekt wird.
Womit könnten deutsche Planer in den USA auftrumpfen? Was macht sie als Partner für dortige Gruppen attraktiv?
Deutsche Firmen haben insgesamt hervorragende Chancen in den USA. Durch ihre jahrelangen Projekterfahrungen haben sie oftmals einen Vorsprung vor den amerikanischen Konkurrenten, dieses gilt vor allen Dingen beim Offshore Wind. In Deutschland werden aber Projekte auch mit einem nachhaltigen Ansatz entwickelt, während es in den USA häufig um das schnelle Geld geht. Das gibt insbesondere Firmen aus dem O amp;M-Bereich hervorragende Chancen. Fachwissen und Beständigkeit, verbunden mit der Bereitschaft sich auf die amerikanischen Verhältnisse einzulassen, gibt eine große Chance in den USA Erfolg zu haben.
Jens Eckhoff (50) ist Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft und seit Gründung 2005 Präsident der Offshore Stiftung. Seit sechs Jahren ist er in Sachen Offshore Wind in den USA unterwegs und hat u.a. auch an der Kostenstudie in New York mitgewirkt. Vor kurzem hat er die Firma GEAR Energy gegründet, um deutschen Firmen den Eintritt in den US-Markt zu erleichtern.
(Interview: Nicole Weinhold)