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Solarthermische Kraftwerke

Die Erträge richtig berechnen – die Risiken senken

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Zubau von großen solarthermischen Kraftwerken (Concentrated Solar Power – CSP) zu forcieren. Bisher lag der Schwerpunkt vor allem auf der technischen Weiterentwicklung. Die Ingenieure haben an besseren Absorbermaterialien, besseren Receivern und besseren Speichern getüftelt, verschiedene Wärmeträgermaterialien getestet. Das Ziel war immer, den Ertrag aus den Anlagen zu steigern und die Investitionskosten zu senken. Hier spielt vor allem die Temperatur eine große Rolle. Denn je höher diese ist, desto besser funktionieren die CSP-Anlagen mit Generatoren „von der Stange“.

Hohes Risiko heißt hohe Finanzierungskosten

Doch bisher hat niemand konkret und vor allem projektspezifisch den tatsächlichen Ertrag berechnet. „Neben den Verbesserungen der technischen Aspekte der Kraftwerke ist für eine breite Vermarktung die Vorhersagen der elektrischen Erträge und somit der finanziellen Renditen mit einer hohen Qualität von entscheidender Bedeutung“, betonen die Autoren des Handbuchs „Bankable STE Yield Assessment“, das jetzt erschienen ist. Zusammen mit Kollegen vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE), dem CSP-Projektentwickler Suntrace, dem Planungs- und Beratungsunternehmen Fichtner haben die Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) herausgearbeitet, wie man projektspezifisch die Erträge mit hoher Güte prognostizieren kann.

Bisher preisen die Investoren ein höheres Risiko ein, weil die Güte der Ertragsprognosen in der CSP fehlt. Das ist unverständlich. „Denn die Unsicherheit und Variabilität der direkten normalen Sonneneinstrahlung ist nicht höher als die für Wind“, erklären die Autoren des Handbuchs. „Deshalb haben auch die solarthermischen Kraftwerke ein Potenzial, die DSCR zu minimieren.“ DSCR steht hier für Debt Service Coverage Ratio, also den Finanzierungskostenanteil für das Projekt. Dessen Höhe ist wiederum davon abhängig, wie sicher die Erträge prognostiziert werden können und damit auch die Renditen gesichert sind. Je größer die Prognosegüte, desto geringer der Risikoaufschlag, den die Geldgeber verlangen. Ein sinkender Risikoaufschlag schlägt direkt auf die Finanzierungskosten durch, womit mit der Prognosegüte auch die Rendite und damit die Wirtschaftlichkeit von CSP-Anlagen steigt.

CSP-Kraftwerk ist extrem komplex

Mit dem neuen 170seitigenHandbuch, der kostenlos auf der Internetseite von Solar Paces zur Verfügung steht, veröffentlichen die Autoren den ersten Leitfaden zur Ertragsberechnung von CSP-Kraftwerken. „Bisher gab es lediglich Berichte zu Erträgen einzelner Kraftwerke“, betont Tobias Hirsch, der das Projekt am DLR-Institut für Solarforschung leitet. „Wir haben nun einen umfassenden Leitfaden erstellt, in dem auch das Zusammenspiel der unterschiedlichen Faktoren berücksichtigt wird.“ Diese Faktoren sind umfangreicher als bei Windkraftanlagen oder gar Photovoltaikkraftwerken. Abgesehen von sehr unterschiedlichen Anlagendesigns sind die CSP-Anlagen mit zusätzlichen Komponenten wie Speichern ausgestattet. Diese gehören regulär zum CSP-Kraftwerk, während Speicher in Kombination mit Windkraft- oder Photovoltaikanlagen als zusätzliche Investition mit einer eigenen Renditeberechnung gesehen werden. Zudem sind die CSP-Kraftwerke in der Regel mit anderen Erzeugungsanlagen verbunden.

Unsicherheiten reduzieren

Diese Hybridisierung macht die Investitions- und Renditeberechnung um so komplexer. Diese Komplexität erhöht das Risiko. „Deshalb erfordert die Entscheidung für oder gegen die Finanzierung eines solarthermischen Kraftwerks präzise Kenntnisse über die solaren Ressourcen, die Technik, die zu erwartende Stromausbeute und den finanziellen Ertrag“, betonen die DLR-Fachleute. So bietet das Handbuch zum Beispiel nicht nur die Berechnungsgrundlage, wie ein Receiver einer Anlage einzuschätzen ist, sondern auch das Zusammenspiel des gesamten Systems, vom Receiver über den Wärmeüberträger bis hin zum Speicher und zur Gasturbine. „Die dargestellten Verfahren ermöglichen durch wissenschaftliche Standardisierungsvorgaben eine deutliche Reduzierung der Unsicherheiten in Bezug auf die Kraftwerkserträge", erklärt Boris Westphals von Suntrace. „Eine exakte Einschätzung der Energieerträge und damit der zukünftigen Einnahmen ist für den Finanzsektor die essentielle Entscheidungsbasis, ob und zu welchen Konditionen Kapital zur Verfügung gestellt wird.“

Mit dem Handbuch als Grundlage soll es möglich werden, diese Energieerträge einzuschätzen und damit die Finanzierungsrisiken zu senken. „Die Solarthermiebranche verfügt damit erstmals über umfangreiche und standardisierte Berechnungsgrundlagen, die den hohen Anforderungen bei der Projektfinanzierung gerecht werden.“, betonen die Experten vom DLR. „Mit dem Handbuch soll die Finanzierung von Solarkraftwerken erleichtert und damit ihr Bau vorangetrieben werden.“ (Sven Ullrich)