Das Interesse am Ausbau der Offshore-Windkraft des britischen Landesteiles ist sehr groß: 74 Gebote hatte die Ausschreibung der königlichen Seebodenvermarktungsgesellschaft Crown Estate Scotland für 15 Offshore-Windparkentwicklungsgebiete erzielt. Unter den Projektierern finden sich die wichtigsten internationalen Offshore-Windpark-Entwicklungsunternehmen wie RWE, Ørsted, Iberdrola, Parkwind, Vattenfall oder EnBW ebenso wie regionale Größen wie das im Offshore-Windngeschäft etablierte schottische Erneuerbare-Energien-Unternehmen SSE Renewables oder der irische Energieversorger ESB. Mehrere Bieter gaben bereits Projektdetails auch zu Vorhaben in Gigawattgröße bekannt – und viele stützen ihre Gebote auf die Technologie schwimmender Windparks.
Die Energiewende-Politik des britischen Landesteiles zielt auf eine „Just Transition“ ab, wie die schottische Regierungsvertreterin in Deutschland, Alexandra Stein, auf einer Online-Konferenz der Vereinigung WAB der deutschen Offshore-Windenergie-Industrie jetzt erklärte. Eine gerechte Energiewende, die dem Landesteil nicht zuletzt möglichst viele Jobs bescheren soll – und wohl auch den Beschäftigten der noch starken schottischen Öl- und Gasindustrie auch in einer klimaneutralen Wirtschaft neue Arbeitsplatzchancen. Die dafür gegründete Expertenrunde Just Transition Commission hat mit ihren Empfehlungen die Rahmenbedingungen einer im Oktober 2020 bereits eingeleiteten Offshore-Windkraft-Strategie abgesteckt. Diese sieht einen Ausbau der Offshore-Windkraft von aktuell knapp einem Gigawatt (GW) auf elf GW im Jahr 2030 vor. Zudem will Schottland bis 2025 fünf GW Wasserstofferzeugungskapazität durch Elektrolyseure im Land installiert haben.
„Unser Hydrogen Assessment Report zeigt ein Szenario auf, in dem Schottland bis 2045 bis zu 126 Terawattstunden grünen Wasserstoff pro Jahr herstellen könnte, davon bis zu 96 Terawattstunden für den Export. So könnten bis zu 300.000 Arbeitsplätze entstehen“, sagte Stein auf der Online-Konferenz. Möglich werden solle dieser Wandel durch einen enormen Überschuss an Offshore-Windstrom-Produktion. Der anvisierte Ausbau auf 11 GW werde für die Versorgung von 8 Millionen Haushalten ausreichen, betonte Stein. Doch bisher gebe es nur 2,6 Millionen Haushalte. Somit sei viel Windstrom für die Erzeugung von Wasserstoff direkt auf See in den Windparks vorhanden.
Tatsächlich haben gleich mehrere der in der jetzigen schottischen Ausschreibungsrunde bietenden Projektierungsunternehmen eine Wasserstoffproduktion mit eingeplant. Besonders spannend macht den schottischen Energiemarkt für die Projektierer, so erklärt es Alexandra Stein, dass Schottland schon seit einem Jahrzehnt die Wasserstofferzeugung in sehr vielen Pilotprojekten vorbereitet hat. „Wir haben in Schottland zu Wasserstoff vieles, was man sehen kann, was funktioniert – bis hin zu wasserstoffbetriebene Wärmesysteme für Häuser. Deshalb sehen die Unternehmen, dass Wasserstoff in Schottland eine recht sichere Investition sein wird.“
Dass die Offshore-Windkraft für Jobs und neue Industrieansiedlungen sorgen wird, zeichnet sich bereits jetzt ab. So unterzeichnete die Hafengesellschaft Peel Ports Clydeport in der letzten Augustwoche mit dem Kabelunternehmen XLCC eine Absichtserklärung über die Ansiedlung zweier Fertigungsstätten für die Herstellung großer Gleichspannungskabel zur Fernübertragung des Offshore-Windstroms.
Auch die Öl- und Gasindustrie erkennt für sich die Vorteile des Offshore-Windkraft-Ausbaus. So sind in gleich mehreren Projekten Ölkonzerne die Partner der Projektentwickler. Regierungsvertreterin Alexandra Stein betont hierzu, dass die Öl- und Gasindustrie ihre Kompetenzen beim Bau der Unterwasserkabel einbringen könne. Und sie könne ihre Beschäftigten bereits jetzt für den Einsatz in der Offshore-Windkraft umschulen. Die schottische Behörde Marine Scotland lässt zudem bereits prüfen, inwiefern Offshore-Windstrom zumindest die Energiezufuhr für die Ausbeutung der Öl- und Gasquellen dekarbonisieren kann.
Dass schwimmende Windkraft sich vor Schottland lohnen wird, davon sind die Schotten zudem überzeugt. Die tieferen Meeresböden um Schottland machen diese Technologie im Vergleich zu fest in den Seeboden eingerammten Unterwasserfundamenten notwendig. Gemäß Berechnungen werden schwimmende schottische Windparks 2030 einen Erzeugungspreis von 5 bis 6 Cent pro Kilowattstunde erreichen können.
Schottland ist Partnerregion der Offshore-Windenergie-Konferenz Windforce am 5. und 6. Oktober.
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