Offshore-Windparks gehören zu den wichtigen Bestandteilen des zukünftigen Energiemix. Aber aktuell sieht es nicht so aus, als ob dieser Mix in seiner Zusammensetzung mittelfristig grundlegend geändert werden könnte. Und das, obwohl nach den Vorstellungen der deutschen Regierung bis 2030 hiesige Offshore-Windparks mit einer Kapazität von 25 000 MW installiert sein sollen. Offenbar denkt man schon jetzt an die schwimmenden Parks, obwohl deren technische Schwierigkeiten die klassischen Probleme wie enormen Windstärken (Getriebe) sowie die schwierige Wartung noch einmal deutlich komplexer machen. Ganz abgesehen davon, dass wir noch keine Häfen haben, die für die enormen Installationskapazitäten vorbereitet wären. Denn um das Ausbauziel bis 2030 zu erreichen, ist ab sofort eine jährliche Zubaurate von bis zu 1 500 MW erforderlich. Das entspricht der Installation einer Windturbine pro Tag während der Schönwetter-Saison - ein ehrgeiziges Vorhaben. Mit "Alpha Ventus" ist erst ein Projekt fertiggestellt. Die installierte Leistung der zwölf Windräder dort beträgt 60 MW. Bald kommt die EnBW mit Baltic 1 dazu, was wieder ungefähr 48 MW bringen wird.
"Die Verfügbarkeit von Häfen und einer geeigneten Hafeninfrastruktur können zu einem Bremsklotz für den weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie werden", schreibt Katherina Reiche, parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, in einem Positionspapier. Sie verweist auf "Alpha Ventus": Beim Bau des Windparks musste auf einen niederländischen Hafen ausgewichen werden.
Dass aus Umweltschutzgründen weit vom Festland entfernt gebaut werden muss, macht die Umsetzung der ehrgeizigen Ziele nicht eben einfacher, den je tiefer das Wasser, desto komplexer Aufbau und Anforderungen an die verwendete Technik. Es gibt zwar mittlerweile getriebelose Windturbinen, die wartunsgärmer und weniger anfällig sind, aber das sind nicht die einzigen Probleme. Denn es gibt noch immer das unterirdisch gärende Problem des Netzausbaus von Norden nach Süden. Auch wenn die Österreicher den mehr oder weniger kostenlosen Strom an windreichen Tagen gerne von uns abnehmen und in Pumpspeicherwerken "lagern", um ihn uns dann später teuer zu verkaufen; irgendwie muss der Strom aus Windkraft in den Süden kommen. Aktuell sind die Kapazitäten noch nicht ansatzweise für mehrere Windparks ausgelegt. Und im Norden wird noch nicht soviel Strom verbraucht. Ob wir jetzt einfach die Industrie an die Küste locken, weil da bald so viel Strom ist?
Es scheint fast so, also ob die dezentralen Bürgerwindparks, die Kanzlerin Merkel auf ihrer Energiereise besuchte, die deutlich realistischere Alternative darstellen - zumindest mittelfristig. Oder jemand nimmt sich mal engagiert der Sache an, sonst könnte das Projekt "Offshore für Deutschland" bald zum Rohrkrepierer werden. (jw)