ERNEUERBARE ENERGIEN: Herr Huby, auf der ersten deutschen Offshore-Spezialmesse Windforce 2012 in Bremen vertreten waren neben Ihnen als Windturbinenhersteller nur Siemens, Vestas, Repower und Alstom. Drei davon gehörten zu dem Quartett, in dem außerdem Areva alias Multibrid am Start der deutschen Offshore-Windkraftentwicklung angetreten war. Sind wir zurück auf Anfang in der deutschen Offshore-Szene?
Huby: Ihre Frage zielt möglicherweise auf die Hindernisse des Netzanschlusses für Offshore-Windparkbaus. Sie müssten diese Frage also möglicherweise an den Netzbetreiber Tennet stellen ...
ERNEUERBARE ENERGIEN:... der für den rechtzeitigen Anschluss der Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee verantwortlich ist und diesen für neue Windparks inzwischen nicht mehr rechtzeitig garantieren will. Das verhindert auch Finanzierungsabschlüsse für weitere Windparks und so neue Aufträge für die Hersteller. von Windenergieanlagen ....
Huby:..., aber ob Areva aktiver als andere Turbinenhersteller ist, will ich nicht kommentieren. Wir haben den Auftrag, Maschinen für Windkraft für die Projekte Borkum West 2, Global Tech 1, MEG 1 und Deutsche Bucht zu bauen – insgesamt über 240 Maschinen. Davon sind 120 schon feste Aufträge und im Bau. Wir konzentrieren uns auf diesen Ramp-up und machen uns keine großen Sorgen für die kommendent zwei-drei Jahre.
ERNEUERBARE ENERGIEN: Fest steht: Areva ist derzeit am Zug bei den deutschen Offshore-Installationen. Ist das für Ihr Unternehmen in der deutschen Nordsee ein Trend? Oder ist das nur eine Momentaufnahme einer schon wieder angehaltenen Entwicklung? Angesichts der in der Nordsee üblichen Investitionskosten von vier Millionen Euro pro Megawatt installierter Leistung: Wird Areva unter dieser Kostensituation nach den bereits begonnenen Windparkbauten für Borkum West und Global Tech 1 weitere Windparks beliefern können?
Huby: Unser Unternehmen investiert nicht selber in Offshore-Windkraftwerke und ist dann auch nicht direkt an die Finanzierung beteiligt. Aber festzuhalten zu den genannten angeblich hohen Investitionskosten bleibt, dass die Investitionen ja doch stattfinden, dass auch Fremdfinanzierung für Offshore Windprojekte ganz gut funktioniert, und dass mehr und mehr Investoren sich für die Branche interessieren. Natürlich erfolgt es auch dadurch, daß wir als Turbinenlieferanten uns in der Zuverlässigkeit unserer Produkte und Lösungen bewähren, und dass wir die Technologie stets optimieren.
ERNEUERBARE ENERGIEN: Wird Areva Wind denn dank intensiver logistischer Vorplanung und dem Entwurf neuer Installationskonzepte die Investitionskostenrate möglicherweise noch unter die Marke von vier Millionen Euro pro Megawatt drücken können? Was ja eine wichtige Aussage für Finanzierer und Kunden wäre, weil der so genannte Capex noch vor den operativen Kosten als feste kalkulierbare Größe bekannt wird.
Huby: Selbstverständlich interessieren wir uns auch als Turbinenlieferant für logistische Lösungen, und haben dafür enge Partnerschaften gebaut, und machen auch mit unseren Partnern Forschung und Entwicklung. Obwohl wir nicht die Absicht haben, selber in die Installation einzutreten, haben wir im Offshore-Windpark Alpha Ventus schon sechs Maschinen selber errichtet ...
ERNEUERBARE ENERGIEN:... 2009...
Huby: … und haben danach auch mit Hochtief zut Entwicklungsphase des Innovation-Schiffes, das Global Tech 1 installieren wird, beigetragen.
ERNEUERBARE ENERGIEN: Was aber werden Sie konkret logistisch im Windparkaufbau anders machen können als die Konkurrenz? Sie beschäftigen bereits seit vielen Monaten eine Reihe von Projektmanagern oder Planern für den Transport von Komponenten. Diese rechneten immer wieder neu günstigste Entlademethoden oder beste logistische Zulieferkonzepte aus.
Huby: Neben der Entwicklung des Innovation-Errichterschiffes ist da die Entwicklung einer Methodik zut Einzelblattmontage für unsere Fünf-MW-Hybrid-Triebstrang-Maschine, die wir vor kurzem an einem Prototypstandort getestet haben. Sie wird die Endmontage von Rotorblättern bei höheren Windgeschwindigkeiten erlauben.
ERNEUERBARE ENERGIEN: Letztlich zählen in der Offshore-Windenergiebranche zunehmend nur noch die Stromerzeugungskosten. Wohin muss die Branche gelangen bei den Stromgestehungskosten über die Laufzeit der Anlagen hinweg.?
Huby: Um Stromerzeugungkosten zu reduzieren, sollten wir alle Hebel benutzen: mehr Ertrag durch grössere Rotordurchmesser oder höhere Leistung, effizientere und schnellere Errichtungprozesse, Kostensenkung durch Serienfertigung der Maschinen, und so weiter. Ein konkretes Beispiel: Durch die geplante Vergrößerung des Rotors unserer M5000 von jetzt 116 auf 135 Metern erreichen erzeugen wir neun Prozent mehr Ertrag mit denselben oder weniger Kosten pro MW. Aber am wichtigsten ist, durch Erfahrung und zuverlässige Technologie die Risiken in der Errichtung und Betriebsphase zu senken.
ERNEUERBARE ENERGIEN: Was wird die wichigste, die größte Rolle bei der Senkung der Erzeugungskosten spielen?
Huby: Wichtig wird vor allem sein, dass wir die Dynamik im Anlagenbau und in der Windparkerrichtung nicht verlieren. Das heißt, dass wir keine Verzögerungen, keine zeitlichen Lücken in der Produktion und Errichtung von Windturbinen haben, und so auch keine Pause in der Weiterentwicklung neuer Anlagenmodelle oder neuer Installationsmethoden, Und dass auch dadurch die Erfahrung nicht verloren geht. Zum Zweiten geht es darum, zuverlässige und bewährte Technologie zu benutzen. Deswegen haben wir letztes Jahr in einen Teststand investiert, wo jede Maschine vor Lieferung zu dem Kunden auf Volllast geprüft wird. Deswegen bauen wir weiter auf unser innovatives Hybridgetriebekonzept.
ERNEUERBARE ENERGIEN:... das den Einsatz eines leichteren und kleineren Getriebes ermöglicht ...
Huby: Aber es gibt noch weitere Hebel, die wir überhaupt nicht vernachlässigen sollten. Zum Beispiel klügere Wartungszyklen: Wir müssen hier aktuelle Lasten aus dem Windparkbetrieb in der Nordsee vermessen, um die Wartungszyklen auf die zu erwartenden Ermüdungsschäden des Materials und der Komponenten von vornherein einzuplanen. Und um diese daraufhin optimieren zu können. Das Ziel ist hierbei, unseren Kunden optimale Verfügbarkeit der Anlagen zu garantieren.
ERNEUERBARE ENERGIEN: Haben Sie mit Hilfe des neuen Getriebelieferanten Moventas, dessen Partnerschaft mit Areva im Mai bekannt wurde, auch eine Fortentwicklung beim Antrieb vor?
Huby: Ja, natürlich, hier geht es zunächst darum, mit Moventas einen Zweitlieferanten für das Getriebe zu qualifizieren, aber wir haben natürlich daneben auch Entwicklungsprojekte mit unseren Lieferaten.
ERNEUERBARE ENERGIEN: …... nach den 2010 gemeldeten Schäden an den Gleitlagern in den bisher von der Firma Renk gelieferten Getrieben.
Huby: Ich würde nicht unbedingt die zwei Themen verbinden. Seit 2010 haben wir nicht nur das Problem bei diesen Gleitlagern in Alpha Ventus erkannt und gelöst, wir haben auch die enge Kooperation mit der Firma Renk verbessert und weiter entwickelt. Die sechs M5000 in Alpha Ventus funktionieren heute perfekt, mit 4.550 Volllaststunden im Jahr 2011.
(Tilman Weber)
Das Interview ist am 1. August bereits im Magazin ERNEUERBARE ENERGIEN in gekürzter Form erschienen - im Rahmen einer Analyse zum Diskussionsstand der Kosten für die deutsche Offshore-Windenergie. Wir dokumentieren an dieser Stelle das Interview in voller Länge.