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Getriebetausch Windanlagen

Vermeidung von Resonanz nach Getriebetausch

Windkraftanlagen sind schwingende technische Gebilde und so ausgelegt, dass im Betriebsbereich die Rotordrehfrequenz und ihre Harmonischen die Hauptkomponenten, insbesondere den Turm nicht anregen. Neue Getriebe werden vor ihrer Inbetriebnahme einem End-of-the-line-Test unterzogen.

Instandhaltungsmaßnahmen verändern Schwingverhalten

Getriebe in Windkraftanlagen erreichen in den seltensten Fällen ihre errechnete Lebensdauer von 20 Jahren. Das heißt für den Betreiber, dass durchschnittlich nach acht bis zehn Jahren Laufzeit ein regeneriertes Austauschgetriebe zum Einsatz kommt. Während der Überarbeitung der Getriebe werden die Verzahnteile nachgeschliffen und ermüdete oder verschlissene Lager ersetzt. Nachgeschliffene Verzahnteile sind geometrisch minimal kleiner. Das hat zur Folge, dass sich das Getriebespiel leicht erhöht. Der ursprüngliche Zustand wird nicht wieder erreicht.

Während das für die Restlebensdauer der Anlage von untergeordneter Bedeutung ist, verändert es das Schwingverhalten des Antriebsstranges. Neue Verzahnungen werden so gestaltet, dass die Anregung durch den Eintrittsstoß möglichst gering gehalten wird. Ändert sich das Spiel, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Eigenfrequenz des Gehäuses angeregt wird, die vorher nicht auffällig war. Der Betreiber wird von Schwingungsphänomenen überrascht, die durch häufige Abschaltvorgänge der Anlage unter ähnlichen Betriebsbedingungen in Erscheinung treten und zumeist nicht als Schwingungsphänomene zu erkennen sind.

Suchen und Finden der Hotspots

Für diese Problematik haben wir beim Hamburger Unternehmen cms@wind zwei mobile Messsysteme umkonfiguriert. Die zur Komponenten-Zustandsüberwachung – also als Condition-Monitoring-Systeme (CMS) – eingesetzten Messsysteme können nun zusätzlich die angeregten Eigenfrequenzen sichtbar machen – und damit auch deren Schnittpunkte im Betriebsbereich.

Während der Inbetriebnahme der Austauschgetriebe wird durch diese CMS ein Hochlauf unter Last aufgezeichnet und mittels Ordnungsanalyse der Fehler erstmals eingegrenzt. Genauer: In der dreidimensionalen Ordnungsanalyse sind die relevanten Schnittpunkte zwischen Verzahnung und Eigenfrequenzen in Abhängigkeit von der Drehzahl sehr gut ablesbar. Die stärkste Überhöhung war in der 2. Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz zu erkennen. Dort trifft die Harmonische des Zahneingriffs auf eine Eigenfrequenz, die vermutlich dem Getriebegehäuse zuzuordnen ist.

Ordungsanalyse über längeren Messzeitraum

eigenfrequenz2 | Dreidimensionale Ordnungsanalyse über der Zeit - © cms@wind
eigenfrequenz2 | Dreidimensionale Ordnungsanalyse über der Zeit

Die Zustandsdiagnose über eine längeren Messzeitraum hat dann die erste Diagnose noch bestätigt. Es kam zu deutlichen Überhöhungen in der 2. und 3. Harmonischen des Zahneingriffs.

Auffällig waren neben den bereits beschriebenen Überhöhungen die vielen Drehzahlseitenbänder (Abbildung 5) neben den Zahneingriffen, die sich verstärkt in der 2. und 3. Harmonischen bemerkbar machten.

Das Getriebe wurde daraufhin für eine Sichtprüfung geöffnet und als Ursache eine fortschreitende Beschädigung der Verzahnung festgestellt. Weiterhin weist das Tragbild der Verzahnung auf einen unsymmetrischen Zahneingriff infolge Schiefstellung oder Versatz hin.

Lösungsfindung

Die Art der Beschädigung erklärt jedoch nicht die Abschaltvorgänge an der Anlage. Der Hochlauf zeigt eindeutig, dass die stärksten Überhöhungen erst bei einer Drehzahl von rund 1.650 Umdrehungen pro Minute auftraten. Die zunächst unerklärlichen Abschaltvorgänge fanden jedoch bei 1.250 Umdrehungen pro Minute statt. Auch dort ist ein Schnittpunkt mit einer Eigenfrequenz zu erkennen, jedoch mit deutlich geringerer Amplitude.

eigenfrequenz3 | Drehzahlseitenbänder in einem einzelnen Ordnungsspektrum. - © cms@wind
eigenfrequenz3 | Drehzahlseitenbänder in einem einzelnen Ordnungsspektrum.

Schnell wurde deutlich, dass durch die Betriebsführung die Anlage häufig bei geringen Drehzahlen genau im Bereich dieses Schnittpunkts festgehalten wurde.

Doch woher stammt die Überhöhung bei 1.650 Umdrehungen pro Minute? Diese Drehfrequenz am Generator entspricht etwa 16,5 Umdrehungen pro Minute am Rotor beziehungsweise einer Rotordrehfrequenz von rund 0,25 Hertz. In diesem Bereich ist im allgemeinen die erste Turmbiegeeigenfrequenz zu finden. Weiterhin ist davon auszugehen, dass in diesem Bereich eine Gehäuseeigenfrequenz des Getriebes getroffen wurde.

Troubleshooting

Mit Kenntnis der ermittelten Schnittpunkte war es schließlich möglich die Drehzahlbereiche so zu verschieben, dass die Schnittpunkte verschoben wurden und die Resonanzen nicht mehr auftraten. Nach leichten Veränderungen in der Betriebsführung läuft die Anlage nun stabil.

AUTORIN:
Brit Hacke
Geschäftsführerin
cms@wind