Der Windpark Kantow (Foto) ist ein Musterbeispiel, wie die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Unternehmen transparent und akzeptanzfördernd organisiert werden kann. Nach einer intensiven gemeinsamen Planungsphase zwischen der WPD Onshore GmbH & Co. KG und der Gemeinde Wusterhausen/Dosse konnte 2024 der Windpark im Landkreis Ostprignitz-Ruppin fertiggestellt werden. Mit sieben neuen Anlagen, die eine Gesamtleistung von über 30 MW erbringen, erreicht der Windpark einen Jahresertrag von etwa 110.000 MWh und versorgt rund 35.000 Durchschnittshaushalte mit sauberer Energie. Das spart im Jahr rund 82.000 Tonnen CO2 ein. Zur hohen Akzeptanz vor Ort führte auch die gemeinsame Auswahl und Umsetzung von 19 lokalen Ausgleichs- und Renaturierungsmaßnahmen. Durch die Vergabe von Aufträgen an lokale Unternehmen, jährliche kommunale Einnahmen von voraussichtlich rund 260.000 Euro u. a. nach § 6 EEG und die Wartung trägt der Windpark zur lokalen Wertschöpfung bei.
Neu ist die Erkenntnis nicht, doch sie gerät oft in Vergessenheit: Erneuerbare Energien schaffen Arbeitsplätze und sorgen für mehr Wohlstand in Brandenburgs Kommunen. Neben der Windbranche, der Solarenergie und der Bioenergie wird dabei künftig auch die Wasserstoff-Branche ein erheblicher Wirtschaftsfaktor im Land sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, die das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) im Auftrag des Landesverbandes Erneuerbare Energien (LEE) Berlin Brandenburg durchgeführt hat.
Brandenburg gehört zu den Vorreitern beim Ausbau der erneuerbaren Energien und profitiert davon auch wirtschaftlich. „Die Erzeugung, der Verkauf und die Nutzung erneuerbarer Energien haben weitreichende wirtschaftliche, ökologische und soziale Auswirkungen. Lokale Bevölkerung und Kommunen profitieren nicht nur direkt, etwa durch neue Arbeitsplätze oder höhere Steuereinnahmen, sondern auch indirekt, durch ein besseres Wirtschaftsklima“, erklärt Dámir Belltheus Avdic, Bereichsleiter Klima und Innovation beim IKEM. So profitieren örtliche Dienstleister wie Wegebauer, Elektrotechniker und Landschaftsgärtner. Auch beim Bau und Betrieb der Anlagen entstehen nachhaltige Arbeitsplätze.
Regionale Wertschöpfung durch Wind- und Solarenergie jährlich etwa 530 Millionen Euro
Dabei wird die Wertschöpfung der erneuerbaren Energien in Brandenburg in den kommenden Jahren noch deutlich steigen. 2019 bezifferte sich die direkte, regionale Wertschöpfung durch Wind- und Solarenergie jährlich auf etwa 530 Millionen Euro. Bis 2040 könnte dieser Wert laut Studienautoren auf 1,6 Milliarden Euro ansteigen. Die aufstrebende Wasserstoffindustrie könnte bis 2050 in Brandenburg jährlich einen wirtschaftlichen Mehrwert von nahezu 500 Millionen Euro schaffen, und auch der groß angelegte Ausbau der Stromnetze könnte bis 2045 hunderte Millionen Euro zur Wertschöpfung beitragen. Die Bioenergie, die historisch in Brandenburg besonders stark ist, wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen, in Zukunft aber im Vergleich zu anderen Energiesparten einen geringeren Zubau aufweisen.
„Wir haben in unserer Studie den Nettozuwachs untersucht, also das Einkommen der Beschäftigten, den Gewinn der Unternehmen, die Einnahmen der Kommunen sowie die Steuern, die an die Kommunen fließen. Die indirekten Effekte, zum Beispiel durch Aufträge an Dienstleister, gestiegene Kaufkraft in der Bevölkerung oder durch den Ausbau der Infrastruktur sind noch einmal deutlich höher“, so Belltheus Avdic.
Steigendes Angebot attraktiver Arbeitsplätze
Wichtiger Indikator für den wirtschaftlichen Effekt einer Branche in der Region ist nicht nur die direkte Wertschöpfung, sondern sind auch die Umsätze der beteiligten Unternehmen. Denn durch höhere Umsätze entstehen Arbeitsplätze. „Schon heute sind die Unternehmen der Erneuerbaren Energien wichtige Arbeitgeber in Brandenburg“, erklärt Jan Hinrich Glahr, Vorsitzender des LEE BB. „Die Studie zeigt, dass der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften – und damit das Angebot attraktiver Jobs bei den Erneuerbaren – noch einmal deutlich zunehmen wird!“
2022 generierte Brandenburgs Windbranche einen Umsatz von 1,9 Milliarden Euro, bei der Solarbranche waren es 2 Milliarden im Jahr 2023. Zusammengenommen könnten beide Branchen laut Studie bis 2040 auf einen Umsatz von über 13 Milliarden Euro kommen. Die Wind- und Solarbranche, die derzeit zusammen etwa 20.000 Menschen in Brandenburg beschäftigen, könnten bis 2040 Arbeitsplätze für rund 65.000 Menschen bieten, 41.000 in der Solarbranche und 24.000 in der Windenergie.
Fallbeispiele: Wertschöpfung bleibt vor Ort
Die Studie des IKEM hat neben der quantitativen Datenanalyse in einer vergleichenden Fallanalyse auch fünf Leuchtturm-Projekte verglichen und ihre Auswirkungen auf die lokale Wertschöpfung untersucht.
Der Windwärmespeicher in Nechlin, angeschlossen an den gleichnamigen Windpark, ist eine wegweisende Power-to Heat-Anlage zur effizienten Nutzung von Windenergie für die kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung. Der Klimapark Steinhöfel ist eines der größten Agri-Photovoltaik-Projekte in Europa mit einer geplanten Leistung von 550 MW. Es ermöglicht die gleichzeitige Nutzung von Flächen für Solarstromerzeugung und landwirtschaftliche Produktion. Feldheim ist ein Leuchtturm für die dezentrale Energieversorgung im ländlichen Brandenburg. Die rund 130 Einwohner:innen des Ortes werden durch Windenergieanlagen und eine lokale Biogasanlage in Kombination mit einem lokalen Strom- und Wärmenetz versorgt.
Der Windpark Göllnitz-Lieskau-Rehain ist ein herausragendes Beispiel für die Integration von Windenergie in forstwirtschaftlich genutzten Waldgebieten. Der Windpark Kantow zeigt, wie die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Unternehmen transparent und akzeptanzfördernd organisiert werden kann. Nach einer intensiven gemeinsamen Planungsphase des Planers mit der Gemeinde Wusterhausen/Dosse, konnte der Windpark im Landkreis Ostprignitz-Ruppin 2024 fertiggestellt werden. Hier geht es zur Studie, die als Download verfügbar ist. (nw)