Der australische Bundesstaat Victoria hat eine Ausschreibung von neuer Ökostromleistung mit einem Volumen von 650 Megawatt gestartet. Dabei versteigert die Regierung verschiedene Stromabnahmeverträge. Der Großteil der ausgeschriebenen Leistung wird dabei technologieneutral versteigert. Konkret bedeutet dies, dass sich Projektierer von Windkraft- und Solaranlagen gemeinsam um die Verträge für den Strom aus einer Anlagegesamtleistung von 550 Megawatt bewerben können. Die restlichen 100 Megawatt sind ausschließlich für Photovoltaikanlagen vorgesehen. Noch bis zum 14. Februar 2018 können Projektierer ihre Gebote abgeben. Die entsprechenden Unterlagen können auf einer eigens dafür eingerichteten Internetseite der Regierung in Melbourne heruntergeladen werden.
Die Versteigerung findet – wie bei solchen Ausschreibungen – in Form einer sogenannten umgekehrten Auktion statt. Das bedeutet, dass ein Maximalpreis für die Stromlieferung vorgegeben ist und nur Gebote berücksichtigt werden, die unterhalb dieses Preises liegen. Allerdings zieht die Regierung in Melbourne nicht nur den Preis als entscheidendes Kriterium für die Vergabe heran. So soll neben der Höhe des Grundpreises bei der Projektauswahl auch Kriterien wie Innovation oder Sozialverträglichkeit eine Rolle spielen. Ein weiteres und zentrales Kriterium ist, dass die Projekte zwingend bis 2020 fertiggestellt werden.
Marktpreis mit Differenzausgleich
Die Gewinner der Auktion werden bis spätestens Juli 2018 bekanntgegeben. Danach haben die Projektierer also noch anderthalb Jahre Zeit, ihre Generatoren zu errichten. Sind diese am Netz, bekommen die Betreiber einen sogenannten Contract for Difference (CFD), mit dem die Stromlieferung für einen Zeitraum von 15 Jahren vergütet wird. Das bedeutet, dass der Betreiber einen garantierten Abnahmetarif bekommt. Allerdings ist hier der Marktpreis für den Strom relevant. Liegt dieser unterhalb des garantierten Tarifs, zahlt die Regierung die Differenz bis zum vereinbarten Abnahmepreis. Liegt der Marktpreis allerdings über dem garantierten Tarif, muss der Anlagenbetreiber den dadurch erwirtschafteten Überschuss an den Staat zurückzahlen.
Aus der Kohle aussteigen
Nach Regierungsangaben ist dies die größte Ausschreibung, die in Australien bisher durchgeführt wurde. Damit versucht Melbourne, das am 1. November dieses Jahres in Kraft getretene Gesetz über den Klimawandel mit Taten zu unterfüttern. Denn mit diesem sogenannten Climate Change Act 2017 strebt die Regierung endlich den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung an. Diese ist immer noch die bedeutendste Stromquelle in Victoria. Immerhin lagern in der Region um Latrobe Valley im Osten von Victoria üppige Braunkohlevorkommen, die zu den größten der Erde zählen. Damit wird derzeit noch die riesige Hazlewood Power Station befeuert, die mit seiner Leistung von 1,6 Gigawatt allein ein Viertel des Stroms liefert, der im Bundesstaat verbraucht wird.
Bis 2050 klimaneutral werden
Das soll sich in Zukunft ändern. Denn die Pläne zur Schließung der Anlage liegen schon auf dem Tisch. Zudem will Melbourne den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 25 steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht Victoria noch zusätzliche 1,5 Gigawatt Windkraft- und Solarstromleistung. Bis 2025 soll der Anteil des Okostroms im Strommix von Victoria auf 40 Prozent steigen, was den Bedarf an zusätzlicher Erzeugungsleistung von 5,4 Gigawatt bedeutet. Ab 2050 will Victoria vollkommen ohne weitere Emissionen von Treibhausgasen auskommen. (Sven Ullrich)