Während die Einen über die Gasumlage debattieren, die auf 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt wurde, und die Anderen Atomkraftwerke länger laufen lassen wollen, weil sie wider jeglicher Fakten meinen, damit die Verstromung von Gas ersetzen zu können, holt die Realität alle zusammen ein. Denn der Gasverbrauch ging schon im ersten Halbjahr dieses Jahres um 14,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Das geht aus der vorläufigen Verbrauchsstatistik des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervor.
497 Milliarden Kilowattstunden verbraucht
Konkret wurden in Deutschland in den ersten sechs Monaten 497 Milliarden Kilowattstunden Erdgas verbraucht. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres waren es 583 Milliarden Kilowattstunden. Dies liegt unter anderem an der milden Witterung im Frühjahr, wodurch weniger Heizenergie als im Vorjahr gebraucht wurde. Doch auch bereinigt um diese Temperatureinflüsse lag der Erdgasverbrauch im ersten Halbjahr noch um rund acht Prozent unter dem Wert des ersten Halbjahres 2021.
Einsparungen wirken schon
Die Analysten des BDEW führen dies vor allem auf das hohe Preisniveau zurück, das die Nachfrage senkte. Dazu kommen noch eine langsamere wirtschaftliche Entwicklung, die den Gasverbrauch in der Industrie senkte. Doch auch persönlich motivierte Einspareffekte könnten sich inzwischen auf die Einsparungen auswirken. Das führte dazu, dass in den Monaten Mai und Juni der Gasverbrauch weit unter dem zehnjährigen Mittel lag.
Weniger Gas verstromt
Doch auch die Kritiker der Verstromung von Erdgas angesichts der Knappheit müssen der Realität ins Auge blicken. Denn die Stromerzeugung aus Gas ist nach Angaben des BDEW schon seit Mitte des Jahres 2021 rückläufig. Im ersten Halbjahr 2022 haben die Gaskraftwerke rund zwölf Prozent weniger Strom erzeugt als im Vorjahreszeitraum. Welchen Beitrag andere Verbrauchsgruppen zum geringeren Gasverbrauch leisten, lässt sich derzeit noch nicht im Einzelnen sagen.
Gasverbrauch weiter senken
Dennoch gibt der Bundesverband noch keine Entwarnung. „Um gut durch den Winter zu kommen, ist es wichtig, den Gasverbrauch weiter zu senken und den restlichen Sommer über die Gasspeicher so weit wie möglich zu füllen“, betont Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Hierbei kann und muss jeder mithelfen – vom Industriebetrieb bis zum einzelnen Haushalt.“
Einsparungen schonen den Geldbeutel
Sie verweist auf die Möglichkeiten zum Energiesparen, die es in fast jedem Haushalt und bei öffentlichen Gebäuden immer noch gibt, wie zum Beispiel die Badewanne zu vermeiden, kürzer zu duschen oder die Heizungen vom Fachhandwerker durchchecken zu lassen. „Zu Beginn der Heizsaison sollte sich zudem jeder überlegen, ob ein oder zwei Grad weniger Raumtemperatur nicht auch ausreichend sind. Jede eingesparte Kilowattstunde schont auch den eigenen Geldbeutel“, sagt Andreae.
Heizlüfter sind keine Lösung
Der Idee, auf steckerfertige elektrische Direktheizungen umzusteigen, erteilt sie eine Absage. Vor allem ineffiziente Heizlüfter sind kaum eine Lösung, auf die Herausforderungen der Energiewirtschaft zu reagieren. „Solche Geräte sind nicht dafür gemacht, eine Heizung zu ersetzen und sollten daher nur mit Bedacht eingesetzt werden“, warnt Andreae. „Aufgrund ihres sehr hohen Strombedarfs könnten sie den Stromverbrauch eines Haushalts sehr stark erhöhen. Das führt angesichts der hohen Strompreise nicht nur zu hohen Kosten, sondern kann auch die Stromnetze überlasten, die nicht für einen solchen Anstieg des Stromverbrauchs ausgelegt sind. Schalten beispielsweise an einem kalten Winterabend gleichzeitig viele Haushalte in einem Stadtviertel ihre Heizlüfter an, könnte das die Netze schnell überfordern.“ An dieser Stelle wirkt sich aus, dass die Netzbetreiber mehrheitlich ihre Netz noch längst nicht auf die Energiewende umgestellt haben und dort noch viel Luft nach oben ist.
Andreae macht auch klar, dass die Haushalte, genauso wie lebenswichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser, zu den geschützten Kunden gehören. Bei diesen werde die Gasversorgung zuletzt und nur im absoluten Notfall gekürzt. (su)
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