Nach rund zwei Jahren Entwicklungszeit und Vorab-Präsentationen auf Branchentagungen ist nun das von Energieversorger EnBW entwickelte digitale Werkzeug zur optischen Darstellung der landschaftlichen Wirkung geplanter Windparks offenbar marktreif. Wie das in der Entwicklung von Windparks stark engagierte baden-württembergische Unternehmen auf der Messe Husum Wind ERNEUERBARE ENERGIEN mitteilte, ist das System nun „in mehreren Fällen in Baden-Württemberg, im Saarland und in Thüringen“ erstmals im Einsatz.
Gemeindevertreter und wichtige Behörden bekommen mit dem Instrument erstmals bewegte Bilder von einem erst geplanten Windpark aus unterschiedlichsten Perspektiven vor Augen. Dies soll helfen, leichter über die Auswirkung eines Windparkprojektes auf das Befinden von Anwohnern, Landwirten und Touristen und damit über dessen Genehmigung entscheiden zu können.
Der Projektleiter bei EnBW für die Entwicklung des so genannten Tools ist EnBW-Mitarbeiter Philipp Hölscher aus dem konzerneigenen Mobile Development. Diese EnBW-Abteilung hat ihr neues digitales Werkzeug als eine App ausgestaltet – ein bisher speziell auf den digitalen Endgeräten des Herstellers Apple, iPad und iPhone, betreibbares Programm. Die App bezeichnet EnBW als Renewable Energy Visualisation (with) Augmented Reality beziehungsweise abgekürzt Revisar. EnBW werde die App zur Visualisierung konkreter Windparkprojekte den Kommunen und Behörden zur Verfügung stellen, aber nicht aus der Hand geben, erklärt Hölscher. Denn die korrekte Anwendung der App erfordere „genaue Kenntnisse“ aus der Windparkplanung sowie des Umgangs mit dem Augmented-Reality-Werkzeug, betont der EnBW-Mann. So werden EnBW-eigene App-Bediener die Windpark-Visualisierungen betreuen.
Das Revisar-Tool soll unterschiedliche Lichtverhältnisse und Wetterbedingungen einstellen lassen, verschiedene Windstärken, sowie sogar eine leichte Bewegung des Betrachters entlang des Windparks. Damit wird die sogenannte augmented Reality – frei zu übersetzen zum Beispiel als „die Realität mit in die Landschaft eingefügten (augmented) Anlagen“ – ein bisheriges Hauptproblem der Windparkvisualisierung abschaffen: Schon lange nämlich versuchen Windparkplaner vorab Vertretern von Kommunen, Genehmigungsbehörden und Anwohnern die optische Wirkung der geplanten Großanlagen vor Augen zu führen. Allerdings entscheiden Lichteinfälle, die Drehgeschwindigkeit der Rotoren oder auch der Blickwinkel mit jeweils unterschiedlichen Anordnungen der Landschaft ringsum mit mal mehr oder weniger Bäumen im Blickfeld oder versetzt liegenden Hügelkuppen über diese Wahrnehmung. In bisherigen nur zweidimensionalen Darstellungen fotorealistisch in die Landschaft eingefügter Windturbinen lässt sich jeweils immer nur ein Zustand pro Bild festhalten. Dies hatte in der Vergangenheit zu regelrechten Schlachten um die Geltung der richtigen Visualisierungsdarstellungen geführt. Seriöse Windparkplaner hatten die nach ihren Berechnungen häufigsten Lichtverhältnisse und wichtigsten Perspektiven gewählt. Gegner der Windparks hatten hingegen mit eigenen Visualisierungen unter jeweils die Windparks besonders bedrohlich hervorhebenden Lichtverhältnissen und Blickwinkeln gegengehalten. Weil diese Auseinandersetzungen um die Deutungshoheit tatsächlich Behörden und Kommunen in ihren Entscheidungen beeinflussen, hat die Fachagentur Windenergie an Land zuletzt noch im Juli eine neue Handreichung für „Gute Fachliche Praxis für die Visualisierung von Windenergieanlagen“ herausgegeben. Das Bewegtbild-Tool der EnBW soll hingegen die sich verändernden optischen Wirkungen vergleichen lassen.
Revisar ist nicht die einzige Entwicklung für Bewegtbild-Visualisierungen von Windparkprojekten im Augmented-Reality-Bereich – aber womöglich die am weitesten fortgeschrittene. Auch die Darstellung unterschiedlicher Anlagenmarken und Anlagentypen und die Ausrichtung der Turbinen in verschiedene Windrichtungen lässt die App zu.
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