Das Marktforschungsunternehmen EuPD Research in San Francisco, Kalifornien ermittelt ein großes Marktpotenzial für dachintegrierte Photovoltaik (RIPV). Laut einer aktuellen Analyse der amerikanischen Marktforscher im Auftrag des Anbieters von Baustoffen Monier in Oberursel wird sich der Gesamtmarkt für dachintegrierte Photovoltaik (RIPV) bis 2015 verdoppeln. Dazu befragten die Mitarbeiter von EuPD Research Ende des Jahres 2011 in Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien über 130 Installateure, Hersteller und Distributoren.
Allein in den europäischen Kernmärkten Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien nimmt der Anteil der RIPV an der insgesamt installierten Photovoltaikleistung um über 50 Prozent von derzeit weniger als vier Prozent auf über acht Prozent im Jahr 2015 zu. Weltweit wird der Anteil der Indachanlagen am gesamten Zubau von drei Prozent im Jahr 2012 auf sechs Prozent im Jahr 2015 steigen. Allerdings ist ein Teil dieser Steigerung dem sich abzeichnenden rückläufigen Photovoltaikgesamtmarkt geschuldet. Wenn auch die dachintegrierte Photovoltaik davon nicht unberührt bleibt, gehen die Marktforscher aber davon aus, dass die RIPV davon weniger betroffen sein wird.
Indach ist nicht teurer als Aufdach
In ihrer Analyse sieht man bei EuPD Research das Potenzial von allem aufgrund der geringeren Kosten für eine solche Indachanlage. Man unterscheidet dabei zwischen so genannten Portraitlösungen, bei denen nur ein Teil des Daches mit einer Indachanlage gedeckt wird, und Komplettdachlösungen. Die Amerikaner errechnen für eine Portraitlösung mit einer Leistung von 1 zehn Kilowatt inklusive Montage einen Preis von 37.700 Euro. Das ist der gleiche Preis, der auch für eine Aufdachanlage fällig wird. Wird das gesamte Dach mit Photovoltaik gedeckt, sinkt der Gesamtpreis auf 35.600 Euro. Grund dafür sind vor allem die geringeren Kosten für die Unterkonstruktion, die Dachpfannen sowie die Kosten für Planung und Arbeit. Dabei gehen die Marktforscher davon aus, dass das entsprechende Dach sowieso neu gedeckt werden muss. Die Kosten für die Aufdachanlage beziehen sich also auf die Dacheindeckung mit zusätzlicher Photovoltaikanlage.
Förderunabhängigkeit bald erreicht
Einen zweiten Grund für das wachsende Marktpotenzial der Indachsysteme sieht man die EuPD Research in der Förderunabhängigkeit, die dachintegrierte Photovoltaikanlagen wegen der weiter steigenden Strompreise und der sinkenden Anlagenkosten in nächster Zeit erlangen. Die Marktforscher gehen davon aus, dass die RIPV-Anlagen in Deutschland noch 2012 so weit sind, auch ohne Förderung wirtschaftlich betrieben zu werden. Ein entsprechendes mittelfristig steigendes Marktvolumen machen die Analysten für Deutschland aus. Zunächst wird das Markt allerdings von derzeit 39 Megawatt pro Jahr auf 11 Megawatt im Jahr 2013 zusammenbrechen. Für dieses Jahr geht EuPD Research von einem Marktvolumen für RIPV in Deutschland von 16 Megawatt aus. Erst 2014 wird sich der Markt erholen und 2015 immerhin 52 Megawatt erreichen.
Bisher waren aber vor allem Italien und Frankreich die größten europäischen Märkte für Indachanlagen. Das liegt an den speziellen Fördersystemen für gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) in diesen Ländern. So stieg der Zubau von RIPV-Anlagen in Frankreich 2010 von 69 auf 269 Megawatt rapide an. Im letzten Jahr war der französische Markt für Indachanlagen zwar rückläufig, war aber immer noch der größte europäische Einzelmarkt in diesem Segment. Für die nächsten Jahre sagen die Marktforscher von EuPD Research aber ein weiter sinkendes Marktvolumen in Frankreich voraus, so dass Italien in diesem Jahr den Nachbarn im Westen als größten Einzelmarkt ablösen wird. Für die Apenninenhabinsel erwarten die Marktforscher für dieses Jahr einen Zubau von Indachanlagen mit einer Gesamtleistung von 118 Megawatt, während sie für Frankreich nur Neuinstallationen von 88 Megawatt voraussagen. Allerdings geht man bei EuPD Research bis 2015 für Italien von einem weiter sinkenden Marktpotenzial aus.
Etwas kontinuierlicher wird sich der Markt in Großbritannien entwickeln. War die dachintegrierte Photovoltaik im Vereinigten Königreich 2009 noch kein Thema, betrug der Zubau im letzten Jahr immerhin schon 62 Megawatt. Damit entwickelte sich Großbritannien innerhalb von zwei Jahren zum zweitgrößten Einzelmarkt in Europa. Für dieses Jahr geht man bei EuPD Research von einem Zubau mit einer Gesamtleistung von 87 Megawatt aus, bevor der Markt im nächsten Jahr auf 69 Megawatt zurückgehen wird. Aber 2014 wird sich der britische RIPV-Markt wieder erholen und der Zubau laut EuPD Research 89 Megawatt betragen. Schon 2015 werden die britischen Inseln mit einem Zubau von Indachanlagen von 118 Megawatt wieder Italien als zweitgrößten Einzelmarkt abgelöst haben.
Information und Akzeptanz verbessern
Die Zahlen zeigen aber auch, dass die dachintegrierte Photovoltaik noch immer ein Nischenprodukt ist. Zwar wurde jede vierte Photovoltaikanlage in den vier Ländern auf einem Neubau oder im Rahmen einer Dachsanierung installiert, also dem potenziellen Feld für die RIPV, aber nur 0,4 Prozent dieser Systeme waren Indachanlagen. Beim Auftraggeber der Studie Monier macht man vor allem fehlendes Wissen und mangelnde Akzeptanz für die geringe Bedeutung der RIPV verantwortlich. Um die eigentlichen Marktpotenziale zu erschließen – für Deutschland errechnet Monier immerhin ein realistisches Potenzial von 2,1 Gigawatt pro Jahr – müsse man Architekten und Installateure aber auch die Endkunden besser über die Möglichkeiten der dachintegrierten Photovoltaik informieren. „Außerdem muss die gewerkeübergreifende Zusammenarbeit unter den Installateuren optimiert werden“, sagt Jens Milnikel, Leiter des Geschäftsbereichs Solar bei der Monier Gruppe. „Gleichzeitig sollten Anbieter die aufgrund der Multifunktionalität des Produkts gestiegenen Anforderungen der Endkunden in ihrem Leistungspaket berücksichtigen.“ (Sven Ullrich)