Die Neuinstallationen verdoppelten sich damit fast im Vergleich zur zugebauten Kapazität des Vorjahres 2010 von rund 700 auf knapp 1.270 MW. Insgesamt waren in Kanada laut dem nationalen Windenergieverband CanWEA Ende des Jahres 5,265 Gigawatt (GW) Windkraft am Netz. Fast die Hälfte davon errichteten die Aufbauteams der Windparkprojektierer und Turbinenzulieferer in der nationalen Windenergie-Führungsprovinz Ontario. Hier drehen sich inzwischen Rotoren mit einer Leistung von zusammen fast zwei GW. Aber auch die französischsprachige Nachbarprovinz Quebec mit einer binnen zwölf Monaten zugebauten Leistung von 260 MW war noch wesentlich für den Zubaurekord verantwortlich.
Beide Provinzen haben sich verhältnismäßig ehrgeizige Ziele für den Ausbau der Windkraft gegeben. Bis 2018 will der um die Hauptstadt Ottawa gelegene Bundesstaat Ontario immerhin 7,5 GW Leistung in Windparks zugebaut haben, Quebec soll hingegen schon 2015 eine installierte Leistung von vier GW erreichen. Ontario kann sich auf ein gesetzliches Einspeisesystem stützen, das jede Kilowattstunde Windstrom nach einem fest garantierten Preis von derzeit umgerechnet etwa zehn Eurocent vergütet.
Bemerkenswert nicht nur für Statistiker dürfte an den CanWEA-Zahlen auch sein, dass Quebec erstmals die Provinz Alberta deutlich überholt hat und nun mit 918 MW zum Jahresende um rund 100 MW mehr Windkraft hat. In der auf die Ausbeutung von Ölsanden eingeschwenkten Prärie-Provinz Alberta ist der Zubau fast zum Erliegen gekommen.
Vor allem Siemens und knapp dahinter auch der US-amerikanisch-deutsche Windturbinenhersteller General Electric (GE) habendie neuen Windparks mit Anlagen und einer Kapazität von jeweils rund 400 MW beliefert. Drittplatzierter Anlagenlieferant war Vestas. Die neu installierten Turbinen verteilten sich auf knapp 20 Projekte.
Das Windkraftland Kanada gilt in der Branche als Installationsmarkt mit großem Potenzial. Laut CanWEA sind rund sechs GW bereits fest in der weiteren Planung. Von dieser bereits geplanten Kapazität dürfte das Gros bis 2017 ans Netz gehen, heißt es. Die Prognose allerdings mag auch auf einen der Schwachpunkte des Marktes verweisen: Das landesweite Stromnetz kann den Zubau ohne weitere Leitungsverstärkungen kaum verkraften, Projekte verzögeren sich häufig auch wegen mangelnden Trassenausbaus. Zudem ist ungewiss, wie der Einspeisetarif Ontarios demnächst reformiert werden soll. Fest steht nur, dass die Vergütungssätze wohl gesenkt werden. Wie nervös die Vertreter der Branche derzeit sind, zeigt eine Reaktion CanWEAs auf einen Vorstoß des Landwirtschaftsverbandes Ontario Federation for Agriculture (OFA) zur Unzeit. OFA-Präsident Mark Wales höchstpersönlich hatte am 20. Januar einen zeitweiligen Stopp des Windkraftausbaus gefordert. Der Zubau von Windparks dürfe erst weitergehen, wenn die von OFA vertretene Landbevölkerung und deshalb die Kommunen mehr in die Entscheidung über neue Ausweisungen von Windparks eingebunden seien - die jetzige Ausbauplanung führe hingegen zu oft zu Streit innerhalb der ländlichen Zivilgesellschaft. "Wir werden uns mit OFA zusammenzusetzen versuchen, um den Standpunkt des Verbandes besser zu verstehen", sagte CanWEA-Präsident Robert Hornung am 25. Januar zu dieser Diskussion. Sie kommt ungünstig - so unmittelbar vor einer drohenden Herabsetzung der Einspeisevergütung.
(Tilman Weber)