Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) die mehrjährige Messkampagne gestartet. Die als „Meteorologische und Ozeanographische Referenzmessungen“ (Meteor) bezeichneten Wellen- und Windaufzeichnungen sollen eine Datenlücke schließen lassen, die für die küstenfernsten mehrere 100 Kilometer, genauer bis zu 350 Kilometer vom Land entfernten deutschen Meeresgebiete für die Offshore-Windkraft besteht. Die Kampagne soll damit die Räume in der deutschen Nordsee für die Windkraft erschließen, die es über den bis 2030 geplanten Meereswindkraftausbau von 30 Gigawatt (GW) Erzeugungskapazität als Ausbaugebiete bis 2045 noch erfordert. Dann soll nach dem Gesetz in Deutschland eine Meereswindkrafterzeugung mit 70 GW in Nord- und Ostsee in Betrieb sein.
Offshore-Windenergie kurzzeitig neun Gigawatt im Rückstand
BSH gibt nächsten Raum für 2,5 Gigawatt neue Offshore-Windkraft frei
Fordert die Energiewirtschaft zu viel Raum für Meereswindparks?
Beauftragt haben BSH und DWD offenbar das norwegische Unternehmen Fugro Norway. Mit Messbojen erfassen die Wissenschaftler und Messdienstleister die Daten zum Seegang, zu Meeresströmungen, Temperatur, Salzgehalt des Seewassers oder beispielsweise dessen Sauerstoffgehalt. Ein in den Messbojen untergebrachtes Lidarsystem zum Messen von Windströmungen in 250 Metern Höhe mit Laserstrahlen soll den zu erwartenden Rotorbereich abdecken. Mindestens drei Jahre lang wollen die vom BSH auf den Weg geschickten Experten nun messen. Bereits seit Mitte Dezember ist Fugro Norway dafür in einem Gebiet rund 280 Kilometer vor der Küste unterwegs.
Der Interessenverband Bundesverband Windenergie Offshore (BWO) lobte derweil am Donnerstag den vom BSH jüngst vorgelegten Flächenentwicklungsplan. Er zeige nun, „dass Offshore-Windenergie mit dem geplanten Ausbau auf mindestens 70 Gigawatt bis 2045 über 220 Terawattstunden klimafreundlichen Strom liefern kann“.
Dabei bestätigte der BWO das vom BSH neu eingeführte Overplanting-Prinzip, das zwar einerseits die Offshore-Potenzialflächen weniger dicht mit Windturbinen bestücken lässt, als bisher vorgesehen. Dies würde verhindern, dass sich die Windturbinen gegenseitig zu sehr den Wind abgraben und sich gegenseitig in den Windschatten stellen. Andererseits sieht es Anschlüsse mehrerer Flächen an die Netzanschlusspunkte auf See oder an die Umspannstationen vor, die mehr Erzeugungsnennleistung ans Netz bringen, als die Netzkapazität auf dem Papier zulässt. Das BSH sieht somit eine Netzbelegung von 120 Prozent vor, was bei sehr viel Wind ein gelegentliches Abregeln einzelner Turbinen erfordert, um das Netz nicht zu überlasten. Bei weniger Wind ist dafür der Grad der Netzeinspeisung hoch und erlaubt eine Einspeisung zu an solchen Zeitpunkten guten Stromhandelspreisen.
Zugleich warnt der BWO nun davor, die vom BSH zugelassene Overplanting-Quote von 120 Prozent dürfe nicht zu einer Pflicht der Windparkbetreibenden oder Windparkprojektierer führen, eine bestimmte Anzahl von Anlagen mit 20 Prozent Überschussproduktion zu errichten. „Windpark-Entwickler sollten aber nicht zu einem festen Anteil zusätzlicher Anlagen verpflichtet werden, da dies die Stromkosten erhöht“, sagte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm. Die Entscheidung, in welchem Umfang sie die Netzkapazität durch Overplanting überschritten, sollten die Windpark-Entwickler selbst treffen dürfen. „Windpark-Entwickler sind Experten für kosteneffiziente Stromerzeugung und haben ein eigenes Interesse an der Maximierung des Stromertrags. Daher sollten sie diese Wahlfreiheit behalten“, sagte Thimm.