Martin Maslaton
„Wie könnte man Ihre ablehnende Haltung gegenüber der Windenergie verändern?“, hatte eine Forschergruppe aus Kiel und Potsdam schon 2016 Windkraftgegner gefragt. Und die befragten Windkraftgegner hatten dazu eine klare Meinung: Wenn es keine gesundheitlichen Risiken für Mensch und Tier gibt, wenn etwas gegen den Klimawandel erreicht wird und wenn die „Gemeinde oder ich persönlich am Ertrag der Windkraftanlagen beteiligt“ werden - dann, so die erklärten zwischen 35 und 85 Prozent der Windenergiegegner (je nach Thema und Region), - ja dann würden sie dem Bau von Windkraftanlagen in der Gemeinde zustimmen.
Aktive Windkraftplaner überraschen diese Forderungen nicht: „Ob die Leute ein Windrad schön finden oder nicht hängt meist davon ab, ob ihnen das Windrad gehört oder nicht“, so eine weit verbreitete Erkenntnis in der Branche. Darum müsste es die Priorität einer erfolgreichen Akzeptanzstrategie sein, dass die Menschen in der Nähe „etwas von der Windkraft haben“ – am besten ganz direkt.
2,5 Euro je Stunde für den E-Wagen
Das gewachsene Energierecht macht das aber in den meisten Fällen mehr als schwierig. Ein Beispiel: Die Kopplung der Sektoren Strom und Verkehr. In Schleswig-Holstein hat 2016 die kleine Gemeinde Klixbüll die Idee gehabt, E-Autos in Carsharing anzuschaffen und sie (bislang) kostenlos mit Windstrom zu betanken. Alle sind glücklich - das Projekt hat inzwischen viele Nachahmer in Schleswig-Hollstein, die Mietkosten für die Autos liegen bei 2,5 Euro je Stunde für den E-Wagen. Zum Vergleich: In der Car-Sharing-Metropole Berlin zahlt mal 15 bis 20 Euro je Stunde und muss sich dabei meist mit einem Benziner begnügen.
Zwar drückt das Energie-Wirtschafts-Gesetz den Willen aus, den Verkehrssektor in der Transformation des Energiesystems einzubeziehen (§ 1a Abs. 3 EnWG). Die Vorrechte für Elektroautos beschränken sich aber auf Steuerbefreiungen, Vorrechte und Gebührenermäßigungen beim Parken. Ein wirklicher Durchbruch blieb bislang aus. Gerade die Idee, Elektrotankstellen an und in der Nähe von Windenergieanlagen zu installieren, wird rechtlich massiv erschwert.
Billiges Fahren auf dem Land
Denn eine Steuerentlastung für Elektromobilität im privaten Bereich ist im Stromsteuergesetz (§ 9b Abs. 1 S. 4 StromStG) ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Ausnahme wird lediglich für Transportfahrzeuge der Träger von Schulen, Kindergärten und Betreuungseinrichtungen und den Öffentlichen Personennahverkehr statuiert (§ 9c Abs. 1 StromStG). Die Ausnahmen hier erstrecken sich derzeit nur auf den genehmigten Linienverkehr. Moderne Ansätze wie das Car-Sharing in Klixbüll sind nicht bedacht. Dabei wären gerade viele nicht so vermögende Menschen auf dem Land sehr dankbar, für einen günstigen, fahrbaren Untersatz.
Steuerbefreiung des Betreibers gefährdet
Wenn der Windmüller den Strom aber direkt ans E-Auto liefern würde, würde ihn das zum „kleinen Versorger“ im Sinne von § 1a Abs. 6 und 7 StromStV machen und die Steuerbefreiung des Betreibers im Ganzen gefährden. Das kann der Betreiber finanziell nicht leisten. Eine Lösung läge darin, zwischen die Rechtspersonen „Betreiber“ und „Ladestationsnutzer“ noch einen „Ladestationsbetreiber“ zwischenzuschalten, der jedoch selbst kein Letztverbraucher sein dürfte. Aber auch das wäre nach geltendem Recht mit erheblichem Begründungsaufwand verbunden.
Details bremsen Sektorkopplung
Initiativen wie in Klixbüll zeigen im Kleinen, wie die große Sektorkopplung oft genug an den Details des geltenden Energierechts scheitert. Dabei könnte schon ein einziger Ausnahmetatbestand hier ein kleines Wunder wirken: Beim Ausbau der Windkraft und dem Einstieg in die E-Mobilität.
Der Autor dieses Textes, Dr. Martin Maslaton, ist Rechtsanwalt und Professor für das Recht der Erneuerbaren Energien, Leipzig.
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