Heidelberg nimmt eine öffentliche Wasserstofftankstelle für Busse in Betrieb, in Tirol erzeugt ein Lebensmittelmarkt seinen eigenen Wasserstoff für die Versorgung von H2-Lkw, und auf den Baustellen Englands reißen Brennstoffzellen-betriebene Bagger den Boden auf. Das sind nur drei Beispiele, bei denen Wasserstoff schon heute für Nutzfahrzeuge zum Einsatz kommt. Dennoch gibt es keine breite Masse an Umsetzungen. Ein Drittel aller CO2-Emissionen im Verkehrssektor entfällt auf den Nutzfahrzeugbereich, wovon wiederum zwei Drittel auf Fahrzeuge mit über zwölf Tonnen Gewicht kommen. Zudem stoßen schwere Nutzfahrzeuge gegenüber Pkw rund 50-mal mehr CO2 aus. Dies ergibt ein CO2-Einsparungspotenzial von 18 bis 20 Millionen Tonnen CO2, wenn entsprechende Maßnahmen in diesem Segment ergriffen werden.
Eine Lösung dafür sind Brennstoffzellen-Fahrzeuge (BZ-Fahrzeuge). Schwerlast-Lkw, angetrieben von grünem Wasserstoff, haben jedoch mit aktuellen und künftigen Problemen zu kämpfen. Aktuell besitzen BZ-Fahrzeuge noch einen erheblichen Anschaffungs- und Betriebskostennachteil gegenüber fossilen und elektrischen Fahrzeugen. Für die Zukunft wird prognostiziert, dass allein für den emissionsfreien Schwerlasttransport in Deutschland bis 2030 über 70 Terawattstunden grüner Wasserstoff pro Jahr bereitgestellt werden. Für dessen nachhaltige Produktion müssen 25 Gigawatt Elektrolyseleistung und entsprechend viele Anlagen erneuerbarer Energien errichtet werden. Wie können Brennstoffzellen-Fahrzeuge die aktuellen und künftigen Probleme überwinden?
Wann heißt grün auch günstig?
Diese Frage stellt sich auch die Fachkommission Hymobility des Deutschen Wasserstoff-Verbandes DWV. Der branchenübergreifende Zusammenschluss untersucht in Kooperation mit Unternehmen und Organisationen die Rahmenbedingungen für eine emissionsfreie und wasserstoffbasierte Mobilität. In einer Umweltanalyse, einer Regulatorikstudie, einer Technologiestudie und Eckpunktpapieren zeigt die Fachkommission Stellschrauben auf, an denen Skaleneffekte für BZ-Fahrzeuge, Infrastruktur und notwendige Ressourcen erkennbar sind.
Dass für den Hochlauf grünen Wasserstoffs die Grundvoraussetzung im Ausbau erneuerbarer Energien und Elektrolysekapazitäten liegt, gilt selbstverständlich auch für die Wasserstoffmobilität. Um diese grundlegende Voraussetzung soll es hier aber nicht gehen. Dennoch ist ein erster wichtiger Baustein in direktem Zusammenhang damit der Preis für grünen Wasserstoff. Die Kostenschätzungen gehen weit auseinander. Bis 2030 könnte eine deutliche Kostensenkung auf unter 2,50 Euro pro Kilogramm vorliegen, konservativere Schätzungen von Studien liegen dagegen weiterhin bei bis zu zehn Euro pro Kilogramm. Dagegen liegen laut Internationaler Energieagentur die Kosten für erdgasbasierte Wasserstoffproduktion in den unterschiedlichen Weltregionen bei 0,80 bis 1,60 Euro pro Kilogramm. In jedem Fall sei bei Wasserstoff eine deutliche Kostenreduktion notwendig.
Annähern an Dieselpreise
Doch wie sieht es bei BZ-Fahrzeugen selbst aus? Hymobility schlägt vor, bis 2030 den Betrieb von BZ-Lkw über eine Nutzungsdauer von jeweils mindestens sieben Jahren zu fördern, sodass der Betrieb von mindestens 220.000 Fahrzeugen angereizt wird. Bis zu 40 Millionen Tonnen CO2 sollen dadurch eingespart werden. Die Fachkommission schlägt hierfür eine Förderung vor: „Um die Kostenlücke zu schließen und den Markthochlauf der Brennstoffzellentechnologie zu forcieren, ist eine gezielte Unterstützung erforderlich, die auf Capex und Opex abzielt. Diese Förderung sollte sich an den realisierten Emissionsminderungen ausrichten und als eine von der jährlichen kilometerbezogenen Laufleistung abhängige Förderung ausgestaltet sein.“
Damit soll über eine Laufzeit von 14 Jahren ein Gesamtbudget von 22,1 Milliarden Euro bereitgestellt werden, welches je nach Jahr von 40 Millionen bis 4,2 Milliarden Euro reichen kann.
Prognosen und Studien, welche in der Hymobility-Technologiestudie aufgeführt werden, deuten zudem darauf hin, dass sich der Preis von BZ-Nutzfahrzeugen bis 2030 etwa halbieren und nur noch geringfügig von den Kosten für Dieselfahrzeuge abweichen wird. Beispielsweise erwartet eine Untersuchung, dass der Verkaufspreis bei zukünftigen Brennstoffzellen-Kosten von 120 Euro pro Kilowattstunde einen Verkaufspreis von 155.000 Euro und bei Kosten von 95 Euro pro Kilowattstunde einen Preis von 150.000 Euro erreicht. Diese Preise liegen nur leicht über den aktuellen Dieselfahrzeugkosten von etwa 130.000 Euro.
Bestandteile skalieren am stärksten
Brennstoffzelle und H2-Tank: Diese beiden Bestandteile kommen speziell in BZ-Fahrzeugen zum Einsatz und bringen Potenzial zur Kostenreduktion mit sich. Neben neuen Produktionstechnologien und der Optimierung der verwendeten Materialien kommen hierbei Skaleneffekte am stärksten zum Tragen. Eine Studie der RWTH Aachen untersuchte die Kostenentwicklung für Brennstoffzellensysteme bei steigender jährlicher Produktionsanzahl basierend auf Daten etablierter Hersteller. Demnach treten große Skaleneffekte im Bereich bis etwa 10.000 Brennstoffzellensystemen pro Jahr auf. Die Produktionskosten sinken nach dieser Einschätzung auf 250 Euro pro Kilowatt. Bei 500 Systemen liegt der Preis bei etwa 330 Euro pro Kilowatt, was einer Gesamtkostenreduktion von 24 Prozent entspricht. Weitere Studien geben noch stärkere Potenziale zur Kostenreduktion an. Die positive Wirkung der Skalierung bei bereits relativ kleinen Stückzahlen begründet die Fachkommission mit dem Aufbau eines BZ-Stacks: Ein Stack besteht aus mehreren Hundert Zellen, um die benötigten Spannungen zu erreichen. Dadurch entspricht eine Skalierung der PEMBZ-Systeme einer mehr als hundertfachen Skalierung der einzelnen BZ-Komponenten und verursacht dadurch schnell auftretende Skaleneffekte.
Ähnliche Effekte treten bei der Skalierung von H2-Tanks auf. Eine Studie des Hydrogen Council aus dem Jahr 2020 prognostiziert eine Kostenreduktion um 50 Prozent im Bereich der Lkw, wenn die Nachfrage 10.000 Nutzfahrzeuge pro Jahr erreicht. Noch signifikantere Einsparungen von bis zu 60 Prozent sind möglich, wenn die Produktion auf 150.000 Fahrzeuge pro Jahr skaliert. Darüber hinaus bieten alternative Wasserstoff-Speichertechnologien Potenzial für weitere Kostensenkungen. Die Speicherung von Wasserstoff bei 700 Bar anstelle der bisher üblichen 350 Bar kann die Energiedichte um 70 Prozent erhöhen. Die Verwendung von Flüssigwasserstoff anstelle von Druckgas-Wasserstoff bietet sogar eine um 90 Prozent höhere Energiedichte im Vergleich zu der 700-Bar-Technologie. Diese Technologien ermöglichen einen geringeren Platzbedarf und ein niedrigeres Gewicht des Tanks, was langfristig zu niedrigeren Gesamtbetriebskosten und höheren Reichweiten der Fahrzeuge führen kann.