Der Insolvenzantrag bezieht sich auf die Werke in Leipzig und Finsterwalde sowie auf eine Beteiligungs- und eine Vertriebsgesellschaft. Der Koblenzer Fachanwalt Jan Markus Plathner wurde am Dienstag zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Nach einer ersten Bestandsaufnahme plane er, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und möglichst nahtlos fortzuführen, heißt es bereits. „Deshalb müssen wir in den nächsten Tagen zunächst die dafür notwendige Liquidität schaffen und mit den Kunden und Lieferanten sprechen, um gemeinsam Lösungen für die laufenden Projekte zu finden“, wird Plathner in einer Unternehmensmeldung zitiert.
Die SIAG-Geschäftsführung will gemeinsam mit Plathner einen Insolvenzplan erarbeiten, um die Produktionsstandorte zu erhalten und die Zerschlagung der Gruppe zu vermeiden. Firmenchef Rüdiger Schaaf lässt derweil verlauten, er sei sicher, mit Hilfe des Insolvenzverwalters die SIAG wieder auf finanziell sichere Füße zu stellen.
Über die genauen Gründe für die Insolvenz war am Stammsitz in Dernbach trotz mehrmaliger Anfrage keine Antwort zu bekommen. In flugs verbreiteten Unternehmensmeldungen verweist SIAG jedoch ganz allgemein auf hohe Verluste in den USA, eine Unterbeschäftigung in den Jahren 2010 und 2011 sowie Verzögerungen im Projektgeschäft. Das Unternehmen ist ein wichtiger Zulieferer für die Windindustrie, offshore sowie onshore, und baut vor allem Türme für Windturbinen sowie Gründungsstrukturen für den Offshore-Bereich. Noch Anfang Februar 2012 hatte die SIAG Aufträge für Umspannwerke gemeldet. Ende Februar hingegen teilte das Unternehmen aus dem Westerwald bereits mit, dass die Hälfte seines Grundkapitals aufgezehrt sei: Das Eigenkapital hatte sich binnen weniger Monate von 16 auf 4,4 Millionen Euro reduziert.
In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres hatte der Windenergie-Zulieferer zudem rote Zahlen geschrieben und einen Verlust von 11,5 Millionen Euro verbucht. Im Juni 2011 hatte SIAG sich über eine Anleihe frisches Kapital in Höhe von 50 Millionen Euro besorgt. Davon sollen jedoch nur rund zwölf Millionen Euro gezeichnet worden sein. Ende Dezember wurde Finanzvorstand Roland Schüttpelz mit sofortiger Wirkung vom Aufsichtsrat abberufen.
Die 1999 gegründete SIAG Schaaf Industrie AG beschäftigt rund 1.800 Mitarbeiter an elf Standorten in Europa, Nordafrika, Asien und Nordamerika. Wie viele Mitarbeiter nun von der Insolvenz betroffen sind, ist noch unklar. Vor drei Jahren hatte SIAG eine Turmproduktionsstätte für Windenergieanlagen in den Vereinigten Staaten von Aerisyn Energy übernommen und im gleichen Jahr die auftragslose Thyssen Krupp Nordseewerke in Emden für einen symbolischen Preis von einem Euro gekauft. Laut einer Unternehmensmeldung sind die Nordseewerke mit rund 700 Mitarbeitern nicht von der Insolvenz betroffen, ebenso wenig wie die Auslandsgesellschaften von SIAG.
(Regine Krüger)