Was passiert, wenn der Kohleausstieg gelungen ist und die Photovoltaik und die Windkraft die Stromversorgung in Deutschland stemmen? Das war die zentrale Frage, die der Bundesverband Energiespeicher (BVES) mit Vertretern aus dem Büro des Lausitzbeauftragten der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, und der Landesvertretungen aus Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutiert haben. Es ging vor allem um Versorgungssicherheit und Wertschöpfung in den betroffenen Regionen, die jetzt noch teilweise von der Kohle leben.
Das Credo aller Beteiligten war: Speicher sind in Verbindung mit erneuerbaren Energien eine perfekte Alternative zu fossilen Kraftwerken und können die veralteten Energieinfrastrukturen in den Kohleregionen zukunftstauglich modernisieren. Das heißt konkret, dass die Speicher eine Schlüsselrolle der zukünftigen Energieversorgung spielen, vor allem was die Systemsicherheit betrifft. Dazu kommt noch, dass die Speicherindustrie in Deutschland wächst, auch wenn sich das derzeit vor allem auf dem Gebiet der Heim- und gewerblichen Speicher bezieht, wie die jüngst von BVES vorgestellten Branchenzahlen zeigen. „Energiespeicher können in Verbindung mit erneuerbaren Energien die Aufgaben von konventionellen Kraftwerken effizienter und zugleich klimafreundlicher ersetzen” sagt dazu Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des BVES. „Für die Kohleregionen bietet die Speicherindustrie echte Zukunftschancen und bessere Antworten auf das Kohlefragendreieck: Klimawandel, Strukturwandel und Energieversorgungssicherheit.”
Alle Technologien werden gebraucht
Doch auch wenn der Markt für Groß- und Industriespeicher derzeit nicht wächst, so ist doch immerhin ein Drittel der Mitarbeiter der Speicherindustrie in diesem Segment beschäftigt – Tendenz steigend. Das ist vor allem für die jetzigen Kohleregionen wichtig, die händeringend nach Jobmöglichkeiten für die Kumpel und Mitarbeiter in den alten fossilen Kraftwerken suchen, um damit der Region eine Zukunftsperspektive zu bieten. „Die Energiespeicherindustrie bietet den vom Strukturwandel betroffenen Regionen kurz- und langfristig attraktive Perspektiven”, so die Quintessenz aus dem Gespräch.
Doch wie kann eine Struktur von Speichern aussehen, die in Zukunft das Netz stützen wird. „Um die Versorgungssicherheit nach und während des Kohleausstiegs zu gewährleisten, bieten die vielseitigen Speichertechnologien effiziente Antworten. Dabei sprechen wir nicht nur von Batteriespeichern, sondern von der Nutzung und Vernetzung der verschiedenen Speichersysteme”, betont Bernhard Rill, Vizepräsident des BVES. „Hier spielen neben Wasserstoff auch andere Langzeitspeicher und thermische Speicher eine große Rolle.”
Kohlekraftwerke bekommen ein zweites Leben
Hier könnten die alten Kohlekraftwerke wieder eine Rolle spielen. So erproben die Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt derzeit in einem ehemaligen Kohlekraftwerk im Rheinischen Revier, wie sich dieses als riesiger Thermospeicher umnutzen lässt. Das Herzstück eines solchen Wärmespeicherkraftwerks ist ein riesiger Flüssigsalz-Wärmespeicher. Dieser nimmt überschüssigen Strom aus dem Netz auf und lagert ihn in Form von Wärme zwischen. Reicht die Einspeiseleistung der volatilen erneuerbaren Energien nicht aus, wird mit der eingelagerten Wärme der Generator des früheren Kohlekraftwerks angetrieben. „Bestehende Kraftwerke zu großen Speicherkraftwerken umzubauen, bietet gleich mehrere Vorteile”, erklärt Bernhard Hoffschmidt, Leister des DLR-Instituts Solarforschung. „Mit der Nachnutzung kann ein Großteil der bestehenden – zum Teil noch jungen und sehr effizienten – Kraftwerkstechnik erhalten bleiben. Und indem die Infrastruktur aus dem ersten Leben der Kraftwerke zu großen Teilen übernommen wird, spart der Umbau enorme Kosten und Arbeitsplätze können erhalten bleiben.”