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Interview

Welche Speicher sich trotz politischer Hürden rechnen

Interview: Nicole Weinhold

Die Energiewende braucht Speicher – dieses Mantra hört man immer wieder. Aber im heutigen Energiemarkt spielen Speicher keine große Rolle. Woran liegt das?

Mit dem weiteren Ausbau schwankender erneuerbarer Erzeugung wird allgemein erwartet, dass wir auch zunehmend Speicher für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage und damit die Sicherstellung unserer Stromversorgung benötigen – und dass sich daraus auch entsprechende Geschäftsfelder ergeben. Dies betrifft bei hohen Regenerativstrom-Anteilen ja nicht mehr nur den Ausgleich von Stunden- und Tagesschwankungen, die auch schon sehr umfangreich sein können, sondern auch die saisonale Speicherung. Die Annahme ist dabei, dass die großen Schwankungen der Residuallast zu Preisvolatilitäten führen und Speicher damit wirtschaftlich werden. Dies ist aber eine eher langfristige Sichtweise. Kurzfristig sieht die Situation hingegen so aus: die Strompreisvolatilität ist nicht ausreichend, um Speicherinvestitionen alleine im Spot- und Intradaymarkt wirtschaftlich darzustellen.

Wenn nicht der Spotmarkt, welche Märkte sind für Stromspeicher denn relevant?

Wenn wir heute über den wirtschaftlichen Einsatz von Stromspeichern sprechen, dann geht es eigentlich ausschließlich um die Regelleistungsmärkte. Und diese sind in ihrem Volumen beschränkt. So beträgt zum Beispiel die durch die ÜNB für Deutschland beschaffte Menge von Sekundärregelleistung rund 2.000 MW, die der Primärregelleistung lediglich rund 650 MW. Diese Leistung wird durch Kraftwerke und insbesondere bei der Primärregelleistung auch durch Speicher, aktuell vor allem Batterien, angeboten. Kommen nun immer mehr Anbieter in diesen begrenzten Markt, so verfällt der Preis und die Investition in Neuanlagen wird unattraktiver. Das haben wir bereits bei diversen Regelleistungsprodukten beobachten können, die für Stromspeicher relevant sind. Dieser Preisverfall wurde bisher auch nicht durch die erzielten Kostensenkungen der Speichersysteme aufgeholt. Solange sich am Regelleistungsbedarf oder der Anbieterstruktur nicht grundlegend etwas ändert, dürfte auch das Preisniveau vergleichsweise niedrig bleiben.

Gibt es neben der Regelleistung attraktive Anwendungen für Speicher, beispielsweise in der Kombination mit Erzeugern oder Verbrauchern vor Ort?

Wachstum sehen wir momentan nur im privaten Bereich bei kleinen PV-Speicher-Systemen vor dem Hintergrund der Eigenverbrauchsoptimierung. Für die Kombination größerer Stromspeicher mit Wind- oder PV-Anlagen muss man unterscheiden nach Einsatz am Großhandel und nach Anwendungen für die lokale Optimierung. In Bezug auf die Großhandelsvermarktung bietet die örtliche Kombination von Speichern und Regenerativenergie-Erzeugern zunächst grundsätzlich keine Vorteile. Denkt man hingegen an die ortsgebundene Kombination von Speichern und Erzeugern – also beispielsweise eine Batterie im Windpark – so fallen einem alternative Anwendungsfälle ein: negative Strompreise, Einspeisemanagement, Eigenbedarfsdeckung im Windpark oder auch der lokale Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Hier könnte ein Speicher unter gewissen Umständen einen Mehrwert in Kombination mit einer Erneuerbare-Energien-Anlage schaffen. Aber bei einem solchen Kombi-Einsatz von Speichern sind eben auch eine Menge regulatorischer Hürden zu beachten.

Welche Hürden sind dies konkret?

Je nach Einsatzweise des Speichers sind dies Steuern, Abgaben und Umlagen, die in Abhängigkeit der Nutzung auf den gespeicherten Strom anfallen. Außerdem droht auch der Verlust des Vergütungsanspruchs für den grünen Strom, je nachdem wie er genutzt oder gespeichert wird. Da sind die Grenzen des EEGs aktuell sehr eng. Ähnliches gilt für die mögliche Verwendung von EEG-Strom in Speichern im weiteren Sinne, also Power-to-heat und Power-to-gas. Diese Ansätze sind zwar aus Energiesystemsicht sehr interessant, derzeit aber wirtschaftlich nicht attraktiv. Hier müsste die Politik auch im Sinne der Sektorenkopplung einen flexibleren Einsatz von Strom zulassen.

Was raten Sie Marktakteuren, die jetzt dennoch Speicherprojekte angehen wollen?

Ein Speicher lohnt sich – vereinfacht gesagt – wenn die Markterlöse die Kosten übersteigen. Daher ist zuerst ein gutes Verständnis der aktuellen und zukünftigen energiewirtschaftlichen Erlöspotenziale von Speichern in der Kombination aller relevanten Märkte sowie der Kostenentwicklung notwendig. Weiterhin muss Klarheit darüber bestehen, wie Speicher grundsätzlich zu bewerten sind und wie die Methodik für die einzelnen Anwendungsfälle aussieht. Dabei ist es wichtig die regulatorischen Möglichkeiten und Grenzen von Speichern – vor allem bei Kombination mit anderen Assets – zu beleuchten. Aus dieser Diskussion heraus sollte die EE-Branche auch konkrete Forderungen für eine bessere Integration von Speichern in die Energiemärkte an die Politik richten.

Welche Hilfestellungen können Sie Marktakteuren dazu anbieten?

Wir werden die oben genannten Punkte in unserer Fachveranstaltung „EE + Speicher“ am 27.6.2018 in Berlin intensiv beleuchten. Die Bewertungsansätze und Rahmenbedingungen für stand-alone Speicher und Kombisysteme stehen dabei im Fokus. Gespickt wird das Ganze mit Fallbeispielen und Beispielberechnungen. Die Teilnehmer erwartet also ein energiewirtschaftlicher und rechtlicher Rundumschlag. Außerdem helfen bei der wirtschaftlichen Bewertung von Speichern unsere Modellrechnungen, die zukünftige Energiemarktentwicklungen und die sich daraus ergebenden Erlöse eines Speichers quantifizieren. (Nicole Weinhold)

Veranstaltungshinweis:

Workshop “EE + Speicher: Bewertung von (Batterie-) Speichern als stand-alone und Kombisystem mit Windenergie“ am 27.06.2018 von 10:00 bis 16:30 Uhr in Berlin