Nicole Weinhold
138 Regionen in Deutschland haben sich beworben, um als sogenannte Hystarter vom Verkehrsministerium für Überlegungen zum Einsatz von Wasserstoff gefördert zu werden. Die Frist endete gerade. Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, hatte im Rahmen der Vollversammlung zum Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP 2) im Dezember 2018 diesen neuen Förderansatz vorgestellt, der durch die NOW GmbH koordiniert wird.
Nur neun von 138 werden gefördert
Im ersten Schritt haben Kommunen und Regionen ihr Interesse bekundet, als Hystarter kommunale oder regionale Konzepte zur Integration der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie auf der Basis erneuerbarer Energien zu entwickeln - insbesondere im Verkehrsbereich, aber auch bei Wärme, Strom und Speicher (Sektorenkopplung). Nun werden von den 138 interessierten Regionen nur höchstens neun ausgewählt, die organisatorisch und technisch beraten werden und Unterstützung bei der Erstellung erster Konzeptideen erhalten. Das große Interesse der Kommunen sollte ein Zeichen sein, um schnell auf breiterer Ebene Bemühungen in Sachen Mobilitätswende staatlich zu fördern und zu unterstützen.
Auswahlprozess im Mai
Gleichwohl, die Regionen sollen sich dabei durch eine oder mehrere der folgenden spezifischen Eigenschaften oder Potenziale auszeichnen: Küstenland (Windenergie), Braunkohlerevier (Strukturwandel), Prägung durch Automobilindustrie (Arbeitsplätze), Metropolregion (Mobilität), mittelständisch geprägte Region (Investitionsbereitschaft) sowie Grenzregion (europäische Vernetzung). Ab Mai werden die interessierten Regionen kontaktiert, um das bestehende Interesse zu erhärten und den Auswahlprozess zu starten.
Wettbewerb erfahrener Wasserstoff-Kommunen
Die Hystarter sind Teil des Konzepts Hyland, das allen Regionen in Deutschland die Möglichkeit bietet, Fortschritte beim Aufbau der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie vor Ort zu erreichen – unabhängig von Vorerfahrungen. Hyland nimmt neben der Gruppe der Hystarter, daher auch Regionen in den Blick, die bereits erste Erfahrungen mit der Integration von Wasserstofftechnologie gemacht haben oder sogar schon ganze Konzepte in die Umsetzung bringen wollen. Für diese sogenannten Hyexperts und Hyperformer startet im Frühjahr 2019 eine entsprechende Wettbewerbsphase.
Weltweit erste Power-to-Gas-Anlage in Wohnanlage
Erfahrene Kommunen gibt es längst. Mit gutem Beispiel voran geht die Stadt Augsburg. Die nach eigenen Angaben weltweit erste dezentrale Power-to-Gas-Anlage in einer bestehenden Wohnanlage mit Kohlenstoffkreislauf und einem unübertroffenen Nutzungsgrad von mehr als 87 Prozent wurde vom Oberbürgermeister der Stadt Augsburg, Kurt Gribl, in Betrieb genommen. Die Anlage beweist, dass die für das neue Klimaschutzgesetz der Bundesregierung vorgeschlagene Reduzierung des Klimakillers Kohlendioxid in der Höhe von rund 67 Prozent bis zum Jahr 2030 gegenwärtig nur so wirtschaftlich und sozialverträglich erreicht werden kann. Ein alleiniger Betrieb von BHKWs oder anderen ist hierfür völlig unzureichend.
Wärme und Strom für Mieter
Die Stadtwerke Augsburg, die Wohnbaugruppe Augsburg und das Rostocker Unternehmen Exytron haben gemeinsam ein Leuchtturm-Projekt umgesetzt. In einem zunächst nach KfW 100 sanierten Wohnblock aus dem Jahr 1974 mit knapp 5.400 Quadratmetern Wohnfläche wurde eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert. Der so erzeugte grüne Strom wird bevorzugt direkt von den Mietern verbraucht. Überschussstrom wird genutzt, um mit einem Elektrolyseur Wasserstoff zu erzeugen. Dieser wird umgehend mit Kohlendioxid zu synthetischem, regenerativem Erdgas umgewandelt und kann problemlos vor Ort in Tanks gespeichert werden. Bei Bedarf wird aus dem so gewonnen Erdgas mit einem marktüblichen Blockheizkraftwerk und Brennwertthermen Wärme und Strom für die Mieter erzeugt. Mit der Speicherung des regenerativen Stroms meistert die Smartenergytechnology eine Herausforderung der Energiewende.
Abwärme wird genutzt
Die Abwärme aus der Elektrolyse und Methanisierung wird ebenfalls als Wärme für das Haus genutzt. Das freiwerdende CO2 aus der Verbrennung im Blockheizkraftwerk und den Brennwertthermen wird als Wertstoff ständig wieder für die Produktion von synthetischem Erdgas aus Wasserstoff eingesetzt. Die Smartenergytechnology/ Zeroemissiontechnology der Exytron GmbH reduziert den Ausstoß von Kohlendioxid, Stickoxid und Feinstaub um bis zu 100 Prozent und verhindert erstmals einen Methanschlupf vollständig.
Nutzungsgrad von mehr als 87 Prozent
Durch die vorzugsweise direkte Nutzung des Stroms aus der PV-Anlage sowie ein intelligentes, vorausschauendes Energiemanagementsystem zur Steuerung der Produktion, der Speicherung und des Verbrauchs von Strom und Wärme in dem Gebäude ergibt sich ein bisher unerreichter Nutzungsgrad von mehr als 87 Prozent der selbst erzeugten Energie. Dieser von Exytron patentierte hocheffiziente Wirkungskreislauf senkt den CO2-Fußabdruck des alten, sanierten Gebäudeblocks deutlich unterhalb eines für Bestandsbauten bisher noch nicht erreichten Passivhaus-Plus-Standards ab.