Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) und die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) haben bei Vertretern von Kommunen abgefragt, welche Hemmnisse bei der Umsetzung der Wärmewende bestehen. Das Ergebnis: Es gibt einen eindeutigen Trend, über welche Hürden die Kommunen stolpern, wenn es darum geht, Nahwärmenetze zu dekarbonisieren und mehr erneuerbare Energien – sei es in Form großer solarthermischer Anlagen oder Elektroheizstäben oder anderer Lösungen – zu integrieren.
Rechtsrahmen verunsichert Investoren
So bemängeln die Kommunalvertreter vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen. „Hier wurde unter anderem das Genehmigungsrecht, beispielsweise die Verfahren für Windenergie- und Geothermieanlagen als zu aufwändig, weil häufig politisch vorbelastet genannt“, erklärt Eric Lamvers gegenüber Erneuerbare Energien. Er hat für den Projektpartner Fraunhofer IEE die Studie mit erstellt. Viele Kommunalvertreter haben auch komplizierte Regelungen im Energierecht kritisiert. Diese führen zu wirtschaftlichen Unsicherheiten für die Investoren, was vor allem in Kommunen als Hindernis wahrgenommen wird, die noch keine regenerativen Wärmeprojekte umgesetzt haben. Ein Teil dieser Unsicherheit ist auf die EEG-Umlage zurückzuführen, die eventuell für Strom anfällt, der in die kommunalen Wärmenetze fließt.
Eigenversorgung wird behindert
Dazu kommen die unklaren und mangelhaften Regelungen zur Eigenversorgung aus Anlagen im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang. Das erschwere die Sektorkopplung wie beispielsweise die Nutzung von Solar- oder Windstrom in Wärmepumpen wirtschaftlich. „Zum Teil wurden auch Beispiele genannt, in denen Berechnungen ergaben, dass die Abschaltung einer Windenergieanlage wirtschaftlich sinnvoller als die Anwendung zur Sektorkopplung und Zahlung der EEG-Umlage sei“, weiß Lamvers. Auf diese Weise bleiben für die Energiewende sinnvolle Speichermöglichkeiten auf der Strecke.
Personal mit Expertise fehlt
Ein zweites riesiges Problem ist der Personalmangel. Viele Kommunen haben niemanden in der Verwaltung, der sich mit den Technologien auskennt und diese auch planen und umsetzen kann. Das beginnt schon damit, dass vielen Kommunen das Personal mit ausreichender Expertise fehlt, die Möglichkeiten, Handlungsbereiche und den Handlungsbedarf überhaupt erkennen, geschweige denn diese dann auch umsetzen können. „Diesen Kommunen ist es in der Regel auch nicht ohne größeren finanziellen Aufwand möglich, Expertise auszubilden oder einzukaufen was durch eine negative Haushaltsbilanz und hohe Verschuldung wiederum zu einer Verwaltung des Status quo und nicht zu Aktionismus führt“, sagt Eric Lamvers. Davon sind nicht nur, aber vor allem Projekte zur Integration von erneuerbaren Energien in Wärmenetze betroffen. Wenn Personal wie beispielsweise Klimaschutzmanager ausgebildet wurden, bleiben deren Handlungsspielräume allerdings extrem gering. Das führt dazu, dass nur kleinteilige Maßnahmen durchgeführt werden, aber keine grundsätzliche Änderung in Sicht ist.
Fehlende Akzeptanz in der Verwaltung
Vor allem in Kommunen, die schon Erfahrungen mit der Dekarbonisierung der Wärmenetze gemacht haben, ist die mangelnde Akzeptanz in der Verwaltung ein großes Hindernis. So konnten die Studienautoren nur zum Teil eine grundsätzliche Ablehnung regenerativer Wärmeprojekte feststellen. Doch an entscheidenden Stellen innerhalb der Verwaltung bleiben solche Projekte immer wieder hängen, weil dort Personen sitzen, die diese kritisch sehen. Um solchen Hürden zu erkennen, wurde dieser Teil bei den Kommunalvertretern telefonisch nur dann abgefragt, wenn keine andere Person in der Nähe war, um ein offenes Gespräch zu ermöglichen. Die Antworten offenbarten in vielen Fällen ein fehlendes Problembewusstsein, mangelnden Innovationsgeist bis hin zu unbeweglichen Strukturen innerhalb der Verwaltung und der Administration.
Kommunen haben Schlüsselrolle bei Wärmewende
Wenn diese Hürden nicht beseitigt werden und die Kommunen nicht angehalten werden, ihre Wärmenetze zu dekarbonisieren, wird die Energiewende kaum Erfolg haben. „Denn aktuell hat der Wärmesektor einen Anteil von rund 40 Prozent an den energiebedingten Kohlenstoffdioxidemissionen Deutschlands“, erklärt Robert Brandt, Geschäftsführer der AEE. „Kommunen spielen eine Schlüsselrolle, um die Wärmewende umzusetzen und die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Trotzdem zeigt diese Befragung, dass Städte und Gemeinden vor zahlreichen strukturellen Hindernissen stehen, die es ihnen erschweren, notwendige Projekte durchzuführen“, resümiert er.
30 Kommunen befragt
Insgesamt haben die Analysten der AEE und des Fraunhofer IEE Vertreter aus 30 Kommunen befragt. In elf dieser Kommunen wurden bereits regenerative Wärmeprojekte umgesetzt. Bei der Eingruppierung als Vorreiterkommune wurden aber noch weitere Kriterien wie die Bürgerbeteiligung, die Erstellung und Umsetzung von Klimaschutzkonzepten und eine möglichst hohe Akteursvielfalt in Form von Bürgergenossenschaften mit herangezogen. Diese Vorreiterkommunen haben neben den genannten Problemen auch noch mit einer fehlenden Akzeptanz in der Bevölkerung, Unsicherheiten und Hindernissen bei der Planung und einem zu geringen Etat zu kämpfen. Eine mangelnde Förderung spielt hier hingegen kaum eine Rolle. Das ist jedoch bei vielen der anderen 19 befragten Kommunen der Fall, die die Dekarbonisierung ihrer Wärmenetze noch nicht angegangen sind. Dazu kommt neben dem fehlenden Etat, um solche Projekte umzusetzen, noch die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung. Dennoch sehen die Studienautoren die Vorreiterkommunen auf dem richtigen Weg, die Klimaschutzziele für 2050 zu erreichen.