Im Zuge der Energiewende werden die Verteil- und Übertragungsnetze nicht nur stärker, sondern auch anders belastet als mit zentralen fossilen Kraftwerken. Dies stellt die Netzbetreiber vor eine große Herausforderung, da diese die Netze für die volatile Einspeisung dezentraler Generatoren ertüchtigen müssen. Die Expert:innen der Energietechnischen Gesellschaft des VDE (VDE ETG) hat sich angeschaut, wie in einer solchen Situation ein sogenannter digitaler Zwilling weiterhelfen kann.
Baustein für effizienten Netzbetrieb
Bei dem aus der Industrie 4.0 stammende Prinzip geht es darum, dass ein Objekt oder System virtuell detailgenau nachgebildet wird. Anhand dieser digitalen Abbildung kann dann beispielsweise nachvollzogen werden, wie sich das System verhält oder entwickelt, wenn einzelne Parameter oder Variablen verändert werden, ohne das am echten System ausprobieren zu müssen. Die Expert:innen der VDE ETG zeigen in einer aktuellen Studie, dass der digitale Zwilling in der Energiewirtschaft und beim Netzbetrieb geeignet ist, den Betrieb sowie den Um- und Ausbau der Netze effizienter zu gestalten. So werde der digitale Zwilling in der Netz- und Elektrizitätswirtschaft zu einem sehr wichtigen Baustein für mehr Effizienz und Produktivität sowie eine höhere Datenqualität und bessere Steuerungsmöglichkeiten der Netze und Prozesse, sind sie sich sicher.
Digitale Netze verknüpfen
Schließlich seien intelligente und miteinander vernetzte Lösungen notwendig, um die gestiegenen und neuen Anforderungen an die Stromnetze abzudecken, um vorhandene Reserven aufzudecken und sicher nutzen zu können. Dem stünden heute oftmals nicht vorhandene oder veraltete Anlagendokumentationen, manuelle Prozesse, Datensilos und redundante Datenbanken, unzureichende Daten in mangelnder Qualität sowie eine Vielzahl von Systemen und Schnittstellen gegenüber, die nicht aufeinander abgestimmt sind.
Datenbasierter Betrieb und Ausbau der Netze
Dieses Dilemma kann mit dem digitalen Zwilling aufgelöst werden. Denn das Konzept setzt in der Netz- und Elektrizitätswirtschaft genau an dieser Stelle an. Die vernetzen digitalen Modell der jeweiligen realen Netze bildet die Datenbasis für durchgängige, datengetriebene Prozesse von der Planung über den Betrieb bis zum Rückbau.
In ihrer Studie konkretisieren die Autor:innen zunächst das oftmals sehr abstrakte Konzept des digitalen Zwillings. Dazu stellen sie eine Referenzarchitektur für die Netz- und Elektrizitätswirtschaft sowie verschiedene praktische Anwendungsfälle und Beispiele vor. Die Beispiele analysieren sie hinsichtlich der über den Lebenszyklus von elektrischen Betriebsmitteln und Anlagen hinweg entstehenden Mehrwerte. Das bedeutet, sie bewerten Kosten, Qualität, Dauer, Risiko und Herausforderungen.
Innovationen im Netzbereich umsetzen
Zudem haben die Autor:innen Empfehlungen entwickelt, wie Netzbetreiber, Energieversorger und Hersteller die Innovationen im Bereich Stromnetz zielführend umsetzen können. Kernaufgabe werde dabei sein, Datensilos aufzubrechen, also die Daten eines Netzbetreibers mit den anderen Netzbetreibern zu teilen. Außerdem muss die Datenqualität besser werden und die einzelnen Daten müssen zusammengeführt werden. Auf dieser Basis sollten dann erste digitale Zwillinge für spezielle Anwendungsfälle umgesetzt werden.
Die gesamte Studie „Der Digitale Zwilling in der Netz- und Elektrizitätswirtschaft“ finden Sie auf der VDE ETG zum kostenlos zum Download. (su)