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Netzausbau

Bundesagentur will weniger Trassen

Insgesamt 74 notwendige Maßnahmen führen die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW in ihrem Netzentwicklungsplan für ein verlässliches Übertragungsnetz in den nächsten zehn Jahren an. Im August übergaben sie diesen an die Bundesnetzagentur. Nach deren Überprüfung und Einarbeitung von mehr als 3.000 Stellungnahmen aus der Öffentlichkeit belassen es die Wächter über die Netze nun bei 51 Maßnahmen. Die auffälligste Planungsänderung der Agentur ist demnach, dass der Netzausbau vorerst mit nur drei statt von den Netzbetreibern vorgesehenen vier neuen so genannten Stromautobahnen auskommen soll.  

Die Bundesnetzagentur begründet ihre Entscheidung mit einem weiteren Prüfungsmaßstab. „Die Übertragungsnetzbetreiber haben durchaus solide Planungsgrundsätze zugrunde gelegt. Die Bundesnetzagentur hat aber noch zusätzlich die Robustheit der Maßnahmen betrachtet“, erklärt Yvonne Grösch, Sprecherin der Bundesnetzagentur. Mit der Kategorie der Robustheit wollte die Netzagentur demnach nicht nur bewerten, wie stark die unterschiedlichen Maßnahmen tatsächlich auch genutzt werden und wie viel sie zur Entlastung des Stromnetzes leisten. Wörtlich heißt es: „Ein Maß für die Robustheit ist die Auslastung von Leitungen. Je stärker das Netz von einer Maßnahme entlastet wird, desto höher ist im Regelfall der Nutzen für das Gesamtsystem.“

Dem neuen Maßstab fiel eine der vier 380-Kilovolt-Höchstspannungstrassen zum Opfer. Diese Leitungen sollen erstmals auf dem deutschen Festland elektrische Energie mittels Hochspannungsgleichstromübertragung über weite Strecken transportieren. Die Netzbetreiber erachteten vier Stromtrassen für notwendig, um vor allem Windstrom aus dem windhöffigen Norden Deutschlands sowie aus Windparks vor der deutschen Küste schnell zu den Verbrauchs- und Industriezentren in Süd- und Mitteldeutschland zu bringen. Die Bundesnetzagenturversion mit drei Trassen und reduziertem Ausbau auch bei den übrigen geplanten Vorhaben sieht nun den Leitungsneubau auf einer Gesamtlänge von 2.800 statt 3.800 Kilometern vor.

Die vierte Trasse sollte eigentlich vom Startpunkt bei Bielefeld bis in den Großraum Frankfurt am Main führen. Sie habe nicht die nach heutigen Planungsgrundlagen erforderliche Auslastung, teilt die Bundesnetzagentur nun auf Anfrage mit. Zudem nimmt die Agentur vorerst nur die Baumaßnahmen auf, „von deren energiewirtschaftlicher Notwendigkeit und Dringlichkeit“ sie schon jetzt überzeugt ist. Diese und auch die weiteren 22 vorerst zurückgestellten Maßnahmen bei kleineren Vorhaben im sonstigen Netz werden deshalb aber nicht „dauerhaft als nicht erforderlich eingestuft“, wie es in der Pressemitteilung der Bundesnetzagentur heißt. Sie sollen bei der jährlichen Überprüfung des Netzentwicklungsplans unter den dann gegebenen Rahmenbedingungen vorerst nur immer neu bewertet werden.

„Veränderungen können beispielsweise im Bereich der Speichertechnologien auftreten“, sagt Grösch, weitere Angaben machte sie dazu nicht. Ein wichtiger Punkt ist außerdem die gemeinsame Strategie zum Ausbau Erneuerbarer Energien, an der Bundesumweltminister Peter Altmaier gemeinsam mit allen 16 Bundesländern arbeitet. „Je schneller diese Strategie vorliegt, desto solider ist die Grundlage für die Planung der Stromnetze der Zukunft“, heißt es in der Pressemitteilung. Altmaier will die Ausbauziele der Bundesländer bei erneuerbaren Energien mit denen der Bundesregierung in Einklang bringen, zudem erklärtermaßen die Neubauprojekte der Erneuerbaren räumlich mehr an das Netzangebot anpassen.

Der Bundesbedarfsplan wurde am Montag an Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler übergeben. Als nächstes wird sein Ministerium ein Bundesbedarfsplangesetz vorlegen, das möglichst noch im Dezember vom Kabinett verabschiedet werden soll. Danach kann das parlamentarische Verfahren beginnen. Nach Aussage der Sprecherin der Bundesnetzagentur wird das Bundesbedarfsplangesetz mindestens alle drei Jahre geprüft, nach Bedarf könne es sogar in kürzeren Zeitabständen angepasst werden.

Die Netzbetreiber hatten in ihrem Netzentwicklungsplan Kosten von 20 Milliarden Euro veranschlagt, dabei allerdings erstmal nur mit Freileitungen gerechnet. Über das Einsparpotential gegenüber dieser Schätzung konnte die Bundesnetzagentur daher noch keine Angaben machen. Denn auch die Option von unter der Erde verlaufenden Stromautobahnen sei weiterhin denkbar. So genannte Erdkabel haben mehr öffentliche Akzeptanz, lassen sich daher nach kürzeren Planungszeiträumen schneller installieren, sind aber teurer.

(Melanie Vogelpohl)