Dadurch dass der Netzausbau von den Netzbetreibern lange Zeit vernachlässigt wurde und auch jetzt aufgrund von Bürgerprotesten und vielem mehr nur langsam voran kommt, stoßen die Netze besondern dort an ihre Kapazitätsgrenzen, wo bereits viel Windkraft installiert ist. Das ist besonders in Niedersachsen und Schleswig-Holstein der Fall. Dort werden Windturbinen in einigen Regionen bei starkem Wind regelmäßig abgeregelt, um das Netz zu schonen. Laut der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft belief sich allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2015 der so entstandene Ausfall auf 2.687 Gigawattstunden, wovon rund 85 Prozent auf Windenergie an Land entfielen (vorläufige Zahlen der Bundesnetzagentur).
Das EEG 2017 soll daher dafür sorgen, dass der weiter Windkraftzubau dort gedrosselt wird, wo kaum noch Netzkapazitäten verfügbar sind. Steuerungsinstrument ist das sogenannte Netzausbaugebiet. Für dieses Gebiet gibt es nun für das Ausschreibungsverfahrens eine Obergrenze für den Zubau. Diese Obergrenze beläuft sich auf 58 Prozent der installierten Leistung, die im Jahresdurchschnitt in den Jahren 2013 bis 2015 dort in Betrieb genommen wurde. Allein diese Regelung ist bereits umstritten, zumal hier die Windkraft dafür grade stehen muss, dass der Netzausbau verschlafen wurde.
Nun kommt es aber noch schlimmer. Die geografische Festlegung des Netzausbaugebiets erfolgt durch eine von der Bundesnetzagentur erarbeitete Rechtsverordnung. Nun wurde ein Entwurf für die Netzausbaugebietsverordnung (kurz: NAGV) vorgelegt. Demnach wird sich das Netzausbaugebiet entlang der gesamten Küstenregion von der niederländischen Grenze bis zur polnischen Grenze erstrecken. Eingeschlossen sind der nördliche Teil Niedersachsens, die Flächen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns und die Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Die Verordnung benennt die konkret betroffenen Kreise, Landkreise und kreisfreien Städte im Einzelnen. Insgesamt umfasst das Netzausbaugebiet laut Verordnungsbegründung eine zusammenhängende Fläche von rund 17 Prozent des Bundesgebiets. "Die jährliche Obergrenze für in diesem Gebiet zu erteilende Zuschläge soll auf 902 Megawatt festgesetzt werden", erklärt Manuela Herms, Rechtsanwältin bei der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. "Das würde 58 Prozent der in den Jahren 2013 bis 2015 durchschnittlich in diesem Gebiet in Betrieb genommen Leistung an Windenergieanlagen an Land von 1.555 Megawatt entsprechen." Die Obergrenze sol dabei gleichmäßig auf die Gebotstermine verteilt werden, so dass sich für die drei Gebotstermine in 2017 jeweils eine bezuschlagbare Menge von 300,66 MW ergäbe. Gebote, die sich auf Standorte im Netzausbaugebiet beziehen, dürfen nur noch bezuschlagt werden, bis die festgelegte installierte Leistung in der jeweiligen Ausschreibungsrunde überschritten wird. Darüber hinausgehende Gebote erhalten keinen Zuschlag.
Der Skandal ist, dass der Gesetzgeber pauschal ein ganzes zusammenhängendes Gebiet von 17 Prozent der Bundesfläche als Netzausbaugebiet festlegen will, obwohl es dort einige Regionen gibt, in denen das Netz nicht überlastet oder das Einspeisemanagment unproblematisch ist. "Offenbar wollte der Verordnungsgeber keine weißen Flecken", vermutet Herms. Auf die Frage, ob dieses Vorgehen zulässig sei, erklärt sie: "Ich halte das für angreifbar." Die Verordnungsermächtigung gehe nicht so weit. "Es kann nicht sein, dass im Netzausbaugebiet Bereiche aufgenommen wurde, die nur zufällig neben stark belasteten Gebieten liegen."
Der Verordnungsentwurf befindet sich derzeit in der Verbändeanhörung. Vom BWE darf man wohl mit heftiger Kritik rechnen. Planmäßig soll die Verordnung zum 1. März 2017 in Kraft treten. (Nicole Weinhold)